Streng nach Erfolgsrezept

TV Viel Befindlichkeit, wenig Fall und eine Prise Exotik: Regionalkrimi „Begierde“ (20.15 Uhr, ARD)

Die ARD kocht streng nach Erfolgsrezept. Zumindest nach dem, das sie gefunden zu haben meint. Und so gelingt’s:

Man nehme: 1. eine Romanvorlage von einem routinierten Krimiautor, die bei Amazon mit mindestens vier Sternen bewertet wurde.

Man füge 2. einen noch nicht ganz so totgerittenen Handlungsort in der Provinz hinzu. Die Provinz liegt diesmal um Aachen. Ohne dass dieser Ort für die Handlung weiter von Belang ist. Es geht um die Kulisse. Darum wird auch Hochdeutsch gesprochen in der Provinz. Gelegentlich französisch akzentuiert, aber rheinischer Regiolekt ist dem gesamtdeutschen Zuschauer nicht zuzumuten.

Für eine Prise Exotik sorgen untertiteltes Englisch und übersetztes Japanisch. Japan geht immer, es muss aber mindestens ein erwartbares Klischee bedient werden. Hier eine Teezeremonie, garniert mit ein bisschen Zen-Philosophie.

Weiter im Rezept: Man nehme außerdem: 3. eine noch nicht so durchgenudelte, aber qualifizierte Hauptdarstellerin. Melika Foroutan hat in der Grimme-Preis-gekrönten Serie „KDD – Kriminaldauerdienst“ mitermittelt und spielt hier die mehrfach Versehrte: einen Mann im Dienst erschossen, der Mann weggelaufen, der Bruder gestorben, der Vater steht nach Jahren plötzlich vor der Tür … Da muss man ja zur Trinkerin werden. Was ihr Vorgesetzter ihr wiederum permanent aufs Brot schmiert: „Nur weil eine Säuferin im Wald Halluzinationen hat und ein durchgeknallter Japse halbnackt durch die Gegend rennt, schick ich keine Leute los. Der Fall ist kein Fall.“

Genau, welcher Fall eigentlich? Davon erfährt der Zuschauer nicht viel. Es ist die Rede von Kindern aus Asien, Privatadoption und Missbrauch. Entscheidend für das Gelingen des Rezepts aber ist das Auskochen der Befindlichkeiten der Ermittlerin.

Wohl bekomm’s! JENS MÜLLER