Vom Fehler überrascht

Im Prozess um Franjos Tod sagt ein Kollege der angeklagten Ärztin aus. Er habe von nichts gewusst

Im Prozess gegen die Ärztin Petra O. hat am Donnerstag deren Kollege Alexis Sch. ausgesagt. Sch. hatte versucht, den vierjährigen Franjo zu retten, nachdem O. diesem versehentlich eine Überdosis Glukose verabreicht hatte. „Die realen Blutzuckerwerte waren so hoch, dass sie nicht mehr messbar waren. Und eine Erklärung hatten wir dafür nicht“, schildert Intensivmediziner Sch. den Todeskampf des Jungen.

Laut Sch. war der kleine Franjo, der sich am Morgen einer Routineoperation unterzogen hatte, gegen 21.30 Uhr auf die Intensivstation verlegt worden. „Er hatte Fieber und krampfte“, berichtet Sch. Er habe versucht, das Kind zu stabilisieren. Als im Verlauf der Behandlung die Laborergebnisse extreme Blutzuckerwerte aufwiesen, und er Insulin als Gegenmaßnahme injizierte, habe er nicht den Ernst der Lage geahnt. „Hohe Blutzuckerwerte und Krampfen ist nichts außergewöhnliches, da der Körper seine Abwehrkräfte mobilisiert.“

Die Anästhesistin Petra O. muss sich wegen fahrlässiger Tötung vor dem Wandsbeker Amtsgericht verantworten. Nach Aussage von Sch. hatte sie nichts von der Glukose-Injektion erzählt, obwohl sie die ganze Nacht auf der Intensivstation war. „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass so eine erfahrene Ärztin eine erhöhte Menge verabreicht“, sagt Sch. Die Infusion mit 500 Millilitern 40-prozentiger Glukose war Franjo per Tropf zugeführt worden, weil die 49-Jährige O. zu einem anderen Notfall gerufen worden war und Franjo schlichtweg vergessen hatte.

Petra O. fragte Sch. im Zeugenstand, ob er sich an ein nächtliches Pausen-Gespräch auf dem Balkon erinnere, wo über den Infusions-Fehler gesprochen worden sei und der Oberarzt gesagt habe : „Mein Gott, dass ist ja tragisch, wenn die ganze Lösung reingelaufen ist.“

Doch Alex Sch. kann sich daran „nicht erinnern“. Und ob Franjo, dessen Stammhirn durch die Infusion irreparabel angeschwollen war und der vier Tage später starb, überhaupt noch zu retten gewesen wäre, sei fraglich. „Es gibt niemanden, der mir sagen könnte, wie man darauf hätte reagieren können“, sagt Sch. Der Prozess wird fortgesetzt. KVA