„Nichts ist kein Sommerloch!“

Weil nichts los ist: Gespräch mit Ludger Lütkehaus

■ ist Philosoph und lehrt Literaturwissenschaften in Freiburg. Seit dem Buch „Nichts“ (1999) ist er die Koryphäe für dieses Thema. Foto: Badische Zeitung

taz: Herr Lütkehaus, viele Hamburger – nicht zuletzt wir Journalisten – ärgern sich über das eher magere Veranstaltungsangebot. Es gibt, wie man so sagt, nichts, was man tun könnte. Aber was ist überhaupt dieses „Nichts“?

Ludger Lütkehaus: Sie können ja mal versuchen, sich das Nichts vorzustellen. Sie werden merken, dass die Gedankengänge dabei immer paradoxer werden. Der Begriff „Nichts“ ist ein abstraktes Konzept und bedeutet eine vollständige Negation des Seins.

Ist das Sommerloch ein Nichts?

Nein, das Sommerloch ist definitiv kein Nichts! Tucholsky hat mal versucht, das Nichts als ein Loch zu definieren, musste dann aber einsehen, dass auch ein Loch seine Ränder hat. Nichts bedeutet ja nun die Abwesenheit von allem Sein – nicht, dass der ein oder andere Tag mal ein bisschen ereignisärmer ist. An den Rändern des Sommerlochs ist noch genug vorhanden.

Führen Wege aus dem Nichts heraus?

Wenn es Wege gäbe, würden wir in Raumkategorien denken. Der Raum „Nichts“ könnte betreten und auch verlassen werden. Nichts würde wieder als etwas Seiendes gedacht. Das Nichts kann ein Mensch erst durch seinen eigenen Tod erreichen, wenn er selbst nicht mehr existiert. Ein Verlassen ist damit also auch ausgeschlossen.

Ist das Nichts nun gut oder schlecht?

Wir müssen versuchen, uns die Vorzeichen der abendländischen Denktradition wegzudenken. Nichts kann auch positiv sein. Im Buddhismus ist sogar das Erreichen des Nichts, des Nirvana und somit das Erlöschen aller Daseinsfaktoren die höchste Intention des Menschen. Interview: KGI