Personaldebatte: Grüne Führung neu sortiert

Bei der GAL droht der Parteispitze und Ex-Schulsenatorin Christa Goetsch ein Karriereknick. Das neue starke Duo heißt Anja Hajduk und Jens Kerstan.

Grünes Personal (von links): Justizsenator Till Steffen, Bildungssenatorin Christa Goetsch, GAL-Fraktionschef Jens Kerstan, GAL-Chefin Katharina Fegebank und Umweltsenatorin Anja Hajduk Bild: dapd

Nur die halbe Wahrheit haben Fraktionsführung und Parteispitze der Grünen am Sonntag gesagt, als sie erzählten, der Beschluss zur Aufkündigung der Koalition sei auf ihrer Klausurtagung im Eimsbüttler Yo-Ho-Hotel einstimmig gefallen. Tatsächlich hatte es in den Abendstunden - nach dreizehnstündiger, teilweise sehr emotionaler Debatte - keine einzige Gegenstimme mehr gegen den Ausstieg aus Schwarz-Grün gegeben. Doch am Ende hatten sich die Kritiker der Auflösung des Regierungsbündnisses der vorherrschenden Stimmung im Saal einfach nur gebeugt - zum Teil mit Tränen in den Augen.

Drei führende Protagonisten waren es, die mit verteilten Rollen an diesem Samstag darauf gedrängt hatten, die Koalition sofort aufzukündigen: Der GAL-Fraktionschef Jens Kerstan, der das Gros seiner grünen Abgeordnetenriege hinter sich wusste, Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk und die Bundestagsabgeordnete der Grünen, Krista Sager.

Den stärksten Widerstand leisteten dem Vernehmen nach Parteichefin Katharina Fegebank, ihr Vize Anjes Tjarks und Schulsenatorin Christa Goetsch. Um neun Uhr hatte die Klausurtagung begonnen, kurz nach 22 Uhr war dann die Entscheidung gefallen, auch die letzten Zweiflerinnen eingenordet.

Fegebank und Tjarks - die schärfsten Kritiker der Koalitionsauflösung, könnten auch die großen Verlierer des Endes von Schwarz-Grün sein. Dass Fraktion und SenatorInnen, die ihre Mandate und Posten verlieren, für ein Koalitionsende votieren, die Parteispitze - per Amt eigentlich Hüter grüner Prinzipien - aber dagegen, ist mehr als ungewöhnlich. Schon grummelt die grüne Basis, dass Fegebank und Tjarks sich gegen den Bruch sperrten. "Die werden sich noch einiges anhören müssen", ahnt ein Grüner.

Daneben mehren sich die Stimmen innerhalb der Partei, dass die 33-jährige Fegebank und der 29-jährige Tjarks zwar zu den größten politischen Talenten der Hamburger GAL gehörten, für das, was der GAL in den kommenden Monaten bevorsteht, aber noch politisch zu unerfahren seien. Im anstehenden Wahlkampf wird die GAL - die in der öffentlichen Wahrnehmung nach der Moorburg-Schlappe und dem Schulreform-Desaster die nun gesprengte Koalition fast mit leeren Händen verlässt - extrem pfiffig argumentieren müssen, um den Wählern ihre schwarz-grüne Vergangenheit so zu verkaufen, dass sie keine Wahlschlappe erleidet. Für den winterlichen Blitz-Wahlkampf, so glaubt mancher grüne Funktionär, brauche es nun erfahrene, taktisch versierte Strategen an der Parteispitze und keine noch recht unerfahrene Führungscrew, die Schwarz-Grün auch noch heimlich hinterhertrauert.

Unklar ist auch die politische Zukunft von Christa Goetsch. Dass die Verliererin der Schulreform-Auseinandersetzung keine Chance mehr hat, erneut als Spitzenkandidatin aufgestellt zu werden, gilt innerhalb der Grünen als ausgemachte Sache. Ob die ehemalige grüne Frontfrau und Zweite Bürgermeisterin, noch einmal Schulsenatorin werden soll - wie sie es gern würde - ist innerparteilich hoch umstritten.

Einflussreiche Kreise innerhalb der Partei plädieren nach der Schulreform-Schlappe dafür, in einer neuen Koalition einen inhaltlichen, aber auch personellen Neuanfang zu wagen - in einem anderen Ressort, ohne Christa Goetsch. Als neue Spitzenkandidatin ist Anja Hajduk ohne Alternative - andere Namen sind parteiintern bislang nicht im Gespräch.

Als möglicher Kandidat für einen Senatorenposten drängt sich Jens Kerstan auf. Auch der scheidende Justizsenator Till Steffen gilt weiterhin als Kandidat für die Senatorenbank. Das Problem hierbei: Steffen wird selbst von Teilen der Opposition bescheinigt, als Senator eine hervorragende Figur abgegeben zu haben. Doch mit Justizthemen kann die GAL nicht punkten - sie werden von einer breiteren Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Welches dankbarere Ressort der gelernte Jurist Steffen aber führen könnte, darüber gibt es noch kein Einvernehmen.

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