Der mit den Runen

LITERATUR Der Isländer Sjón erzählt von einem, der seiner Zeit voraus war und Probleme bekam

Das ist mal wieder einer, der sich nicht an (Gattungs-)Grenzen hält. Der dichtet, Liedtexte für Björk schreibt, die surrealistische Performance-Lyrik-Gruppe „Medúsa“ gründete und 2005 den Literaturpreis des Nordischen Rats bekam. Seinen jüngsten Roman – „Das Gleißen der Nacht“ – hat er, wie sollte es anders sein, im Island des 17. Jahrhunderts angesiedelt.

Das ist zwar nicht ganz die Entstehungszeit der Isländersagas, über die Sjón als 15-Jähriger zur Lyrik kam. Ein wenig zeugt es aber doch von den Wurzeln jenes Autors, der mit vollen Namen Sigurjón B. Sigurdsson heißt und jetzt in Hamburg gastiert. 1962 im isländischen Reykjavík geboren, hat er eine Zeit lang in den Niederlanden, später in London gelebt. Jetzt sitzt er wieder in Reykjavík, wo er einen Kinder-Kunstworkshop gegründet hat und unter anderem kreatives Schreiben lehrt.

Ein Umtriebiger ist er, ein bisschen wie Jónas, der Protagonist seines neuen Romans. Jónas lebt um 1635 in Island, sammelt Runen, heilt, forscht – und möchte eigentlich nur Bildung und seine Ruhe haben. Aber das ist natürlich nicht möglich im Zeitalter von Aberglauben, Armut samt Seeräuber- und Walfänger-Scharmützeln. Da muss einer, der wissbegierig umherstreift, verdächtig sein wie eine Hexe, misstrauisch nicht nur beäugt, vielleicht sogar verfolgt.

Von all dem wird Sjón in Hamburg lesen, als Hamburger Facette der Aktion „Poesie in die Stadt“, die zehn Literaturhäuser an diesem Tag veranstalten. Als Vorgriff auf die Frankfurter Buchmesse ist das Bundes-Spektakel gedacht, deren Gastland ja diesmal das Land der nimmermüden Vulkanausbrüche ist … PS

■ Mi, 8. 6., 20 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 38