Der Teufel fährt Bus

SALSA Oscar D’León heißt Venezuelas rhythmischstes Exportprodukt. Der sympathische Glatzkopf ist eine quicklebendige Legende der internationalen Salsaszene

Oscar D’León weiß, wem er die Inspiration zur Musik zu verdanken hat

VON KNUT HENKEL

Baseball ist ein Hobby von Oscar D’León und als echter aficionado verfolgt der Mann mit der sorgsam polierten Glatze nicht nur die heimische Liga in Venezuela, sondern auch die Major League Baseball in den USA. Dort spielen die Cracks, die sich zwischen Maracaíbo und Ciudad Guayana durchgesetzt haben.

Durchgesetzt hat sich auch Oscar D’León, allerdings hat sich der singende Autodidakt ist einer ganz anderen Liga Respekt verschafft – in der internationalen Salsaszene. Da hat der Name Oscar D’León einen exzellenten Klang und der stattliche Mann mit dem buschigen Schnauzer ist auch als „Teufel der Salsa“ bekannt. Ein Ehrentitel, den sich Oscar Emilio León Simoza, so sein bürgerlicher Name, redlich verdient hat. Schon als kleiner Steppke entdeckte er seine Liebe zur Musik und verbrachte seine Zeit damit, die Hits von Benny Moré, Kubas Übervater des Son, der legendären Sonora Matancera oder dem Trio Matarmoros einzustudieren. Den Rest seiner Zeit widmete der aufgeweckte Junge dem Spiel mit der lederummantelten Korkkugel – wie auch die anderen Jungs des einfachen Stadtviertels, in dem Oscar Emilio auf die Welt kam.

So ist es in der Biographie des Salseros zu lesen und demnach hat sich Oscar Emilio bei seiner Mutter mit dem Son-Virus infiziert. Der aber hatte eine lange Inkubationszeit, denn auf die Idee, aus seiner Stimme Kapital zu schlagen, kam der gelernte Landvermesser erst recht spät. Zunächst versuchte er sich als Percussionist und als Bassist und trällerte nebenbei als Busfahrer sein Liedchen. Und genau dort machten ihn die Passagiere auf seine Stimme aufmerksam.

Dabei wäre es vielleicht auch geblieben, wenn ein Verkehrsunfall mit dem Schulbus Oscar D’León nicht plötzlich arbeitslos gemacht hätte. Nun musste er sich nach etwas Neuem umschauen, besann sich schließlich auf die Musik und verdiente fortan sein Geld am Kontrabass bei „La Distinción“. Als der Sänger jedoch kurz vor einem Konzert ausfiel, übernahm Oscar D’León das Mikrofon.

Ein folgenschwerer Schritt, denn der charismatische Mann hatte prompt Erfolg und gründete mit La Dimensión Latina seine erste Band und landete 1972 mit „Pensando en Tí“ deren ersten Hit. Drei Jahre später, La Dimensión Latina war gerade im Studio, fehlte noch ein Stück und Oscar D’León schlug den Kollegen vor, eine seiner Kompositionen direkt im Studio zu arrangieren: „Llorarás“, der erste Superhit der Band, war geboren und öffnete der Band und ihrem Sänger die Türen weltweit.

Einladungen zum Carnaval nach Maracaíbo, ins Nachbarland Kolumbien, aber auch nach Europa folgten und Frontmann D’León wusste mit gekonntem Hüftschwung, beeindruckendem Rhythmusgefühl und seiner Improvisationsfähigkeit Fans und Kritiker zu begeistern. Mit den Großen der Zunft, ob Tito Puente oder Celia Cruz hat er gespielt – und hat sich auch in Kuba einen legendären Ruf erspielt, als er 1982 gleich ein paar Monate auf der Insel tourte. Eine Hommage an die Insel, die auch auf seinen Konzerten selten fehlt, denn Oscar D’León weiß, wem er die Inspiration zur Musik zu verdanken hat.

■ Mi, 8. 6., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36