Ärger um Sozialabgaben

SCHEINSELBSTSTÄNDIGKEIT Verband rät Schulleitern, vorerst keine Honorarkräfte einzustellen. Rentenversicherung prüft derzeit 2.500 alte Verträge

Gründe, keine neuen Verträge abzuschließen, gibt es aus Sicht der Behörde nicht

Der Verband der Hamburger Schulleitungen (VHS) warnt alle Kollegen davor, neue Verträge mit Honorarkräften abzuschließen: Es bestehe der Verdacht, dass ihr Einsatz nicht rechtens ist. Die Warnung gelte bis zur Klärung der Lage, sagt die VHS-Vorsitzende Regine Wolters-Vogeler, „weil wir als Schulleiter in der Haftung sind“.

Aufgeschreckt hat die Rektoren ein Schreiben der Schulbehörde. Demnach überprüft die Deutsche Rentenversicherung an 300 Schulen 2.500 Verträge aus den Jahren 2006 bis 2010. In dieser Zeit wurden Honorarkräfte an Ganztagsschulen als „außerschulische Fachkräfte“ engagiert. Nachdem es in Niedersachsen, das jahrelang nachmittags fast nur Honorarkräfte zuließ, mehrere Prozesse und eine Ermittlung der Staatsanwaltschaft in mehr als 10.000 Fällen gibt, schauen sich die Kontrollinstanzen auch in Nachbarländern um.

Für Schulsenator Ties Rabe (SPD) kommt das ungelegen: Gerade erst empfahl er den Schulen, in der neuen, flächendeckend angebotenen Nachhilfe Honorarkräfte einzusetzen. Auch in der Nachmittagsbetreuung an Grundschulen, die ab 2012 geplant ist, sind sie ein wichtiger Baustein.

Der Einsatz freier Dienstleister ist jedoch streng geregelt, es darf sich dabei nicht um Scheinselbstständigkeit handeln. So prüft die Rentenkasse nun, wer von besagten 2.500 Fällen an mehreren Schulen tätig war. Für diese quasi Angestellten wären dann rückwirkend Beiträge zu erstatten.

„Eine Honorarkraft kann ein Künstler sein, der eine Lesung hält, oder ein Journalist, der einen Workshop gibt“, sagt Eberhardt Brand, Landeschef der Lehrergewerkschaft GEW in Niedersachsen. Handle es sich aber um Personen, die in der Schule eingebunden sind und Weisungen erhalten, müssten sie als Geringverdiener mit Sozialabgabe angestellt werden. Honorarkräfte für die schulische Nachhilfe hält Brandt für unzulässig: „Es ist ein klarer Bezug zum Unterricht da.“

Senator Rabe verspricht den Schulen bei Problemen zu helfen. Für die Zukunft habe man die Sache geprüft, sagt Behördensprecher Peter Albrecht: „Die Honorarkräfte in unserem Modell sind nicht Weisungsgebunden und haben keine Berichtspflicht gegenüber der Schule.“ Gründe dafür, keine neuen Honorarverträge abzuschließen, gebe es deshalb nicht.

Diese Zuversicht teilt die VHS-Vorsitzende Wolters-Vogeler nicht: In den Kriterien sei vorgegeben, dass eine Honorarkraft beispielsweise die Arbeitszeiten selbst bestimmen könne. In der Praxis sei das nicht der Fall. KAJ