„Ich bilde mir kein Urteil“

Kundgebung für die Sexarbeit auf St. Georg

■ 46, betreibt seit zwei Jahren mit seiner Frau die Kneipe „Hansa-Treff“ am Hansaplatz in St. Georg, seinem Wohnviertel.

taz: Herr Simsit, Freier in St. Georg könnten künftig Geldstrafe zahlen, wenn sie Prostituierte ansprechen. Warum finden Sie das falsch?

Mehmet Simsit: Weil das Gewerbe nur aufgrund einer gewissen Anonymität funktioniert. Ein Kontaktverbot treibt die Sexarbeiterinnen in die Dunkelheit, sie werden von der Straße verdrängt und sind dadurch viel weniger geschützt.

Sie betreiben eine Kneipe direkt am Hansaplatz. Wie empfinden Sie die Arbeit der Polizei dort?

Ich finde, die Repression nimmt zu. Vor allem osteuropäische Frauen werden von der Polizei angehalten, obwohl sie gerade beim Einkaufen sind, also offensichtlich keinem Gewerbe nachgehen. Wenn sie nur über den Platz gehen und der Polizei schon bekannt sind, bekommen sie direkt einen Platzverweis. Sogar als meine Frau kurz aus der Kneipe raus ist, wurden sofort ihre Personalien überprüft. Das überschreitet die Grenze.

Es heißt, beschweren würden sich Anwohner. Zugezogene?

Ja, obwohl die meisten Zugezogenen wirklich wegen dieses bunten Viertels hergekommen sind. Es gibt dennoch ein paar Gegensprecher, die sind aber in der Minderzahl.

Auf der Straße dürfen Prostituierte ihre Dienste nicht anbieten. Tun sie es manchmal in Ihrem Lokal?

Das ist mir egal. Wenn, habe ich nichts dagegen. Ich bin Gastwirt, bei mir treffen sich Menschen. Wer danach was mit wem tut, darüber bilde ich mir kein Urteil.

Gibt es eigentlich auch männliche Sexarbeiter?

Ja, die gibt es. Die haben aber eine stärkere Lobby und werden nicht so belangt, habe ich den Eindruck.  INTERVIEW: EMS

Kundgebung „Recht auf Straße für Sexarbeit in St. Georg und überall“: Samstag, 14 Uhr, Hansaplatz