Kollektiver Zustand

MUSIKALISCHE THEATERRECHERCHE Schorsch Kamerun sucht „Die Verschwundenen von Altona“

„Manchmal kommt mir Altona vor wie der Bahnhof Altona. Der Bahnhof ist ein dänisch-hanseatisches Potemkin-Dorf. Die ganze Kulisse ist vorhanden, nur manchmal fällt dir auf, dass es nur den Bahnhof eigentlich nicht mehr gibt“, schreibt ein „Konrad“ ein wenig umständlich auf der Internetseite zu Schorsch Kameruns „musiktheatralischer Recherche“ „Die Verschwundenen von Altona“, die morgen im Ottensener Thalia in der Gaußstraße Premiere feiert.

Jede Menge solcher Ansichten hat der Goldene-Zitronen-Sänger, Theaterautor und -regisseur über den in den letzten Jahren so vehement aufgehübschten Stadtteil gesammelt, hat Menschen auf der Straße ebenso interviewt wie Fabrik-Betreiber Horst-Dietrich und daraus gemeinsam mit den Schauspieler_innen Sandra Flubacher, Franziska Hartmann, Axel Olsson und Josef Ostendorf während des Probenprozesses einen kollektiven Altona-Text gebastelt, aus dem schließlich Songs entstanden sind.

Ein „Zustand von Menschen, die stellvertretende Atmosphären schaffen“ soll so auf die Bühne gebracht werden. Im Zentrum steht dabei ein eigentümlicher Zustand des Verschwindens, hier lehnt sich Schorsch Kamerun an den letzten Text des französischen Philosophen und Medientheoretikers Jean Baudrillard an: „Warum ist nicht alles schon verschwunden?“ Was kann man beim „schwammigen Verschwinden im Angebots-Nirvana“ noch festhalten? Und was können wir in der Lückenlosigkeit der post-individuellen Monokultur wiederherstellen? MATT

■ Premiere: Fr, 2. 3., 20 Uhr, Thalia in der Gaußstraße, Gaußstraße 190; weitere Termine: Sa, 3. 3., Sa, 17. 3., Do, 22. 3. und Fr, 23. 3., je 20 Uhr