SOUNDTRACK

Dass Sanne Putseys von Milow „entdeckt“ worden sein soll, darf ihr nicht negativ ausgelegt werden. Zum einen kann man es sich schließlich nur bedingt aussuchen, wer einen da wie findet. Zum anderen klingt die unter dem Namen Selah Sue auftretende Belgierin nicht im Entferntesten wie der Meister der auf Radioformat getrimmten gähnenden Langeweile. Der Sound? Eine stilistisch kaum einzuordnende Form von gefälliger Neo-Weltmusik, angerührt aus Unmengen an Soul und verschnitten mit Funk, Raggamuffin R’n’B und gelegentlichen Jazz-Tunes. Alles natürlich äußerst smart arrangiert, (u. a. von Patrice), gebügelt und darauf angelegt, kleinste Kreise wie das letztjährige Reeperbahn-Festival schnell zu durchschreiten, um breiteste Geschmacksschichten zu erschließen. Die Stimme? Das eigentliche Kapital dieser erst 22-Jährigen, und eins, das wirklich in Überfluss vorhanden zu sein scheint. Bemerkenswert, voll, rauchig, wiederum: in Soul geradezu getränkt. Eine Billie Holiday minus Retro plus Disco sozusagen. In Belgien und Frankreich machte Sue schnell einen beachtlichen Sprung an die Spitzen der jeweiligen Charts. Den europäischen Musikpreis Ebba hat sie jüngst auch schon in zwei Kategorien gewonnen und Arte krönte sie bereits – man hält sich mit halben Sachen ja nicht auf – zur „Future Queen of Soul“. Wie dem auch sei: im Vorprogramm von Milow muss man als eine Königin kurz vor der Krönung jedenfalls nicht mehr ran. Irgendwie gut für ihn, aber vor allem auch für die, die sie mal live sehen wollen. Do, 1. 3., 19 Uhr, Grünspan, Große Freiheit

Das Hamburger Label „The Company with the Golden Arm“ hat in Deutschland nicht erst eine Indie-Band breiteren Kreisen bekannt gemacht. In diesem Fall besteht die Band, Des Ark, mittlerweile vor allem aus Aimée Argote, wohnhaft in Philadelphia, hauptsächlich aber außerhalb der Stadt anzutreffen. 2008 erschien auf oben genannten Label mit „Loose lips, sink ships“ der (zu diesem Zeitpunkt bereits zweieinhalb Jahre alte) Erstling auch in Europa. Ein Post-Grunge-Werk mochte man vorschnell meinen. Allerdings hob sich das Werk von anderen Platten dieses Genres auch dadurch ab, dass es eben nicht nur auf poppig-destruktive Weise mit schmutzigen Gittarenwänden alles zukleisterte, sondern auch mit leisen und fragilen Momenten glänzte. Seitdem ist Argote im Dauerdienst in europäischen Clubs und AZs und spielt – je nachdem, ob sie gerade solo oder mit einer der stetig wechselnden Bandbesetzungen unterwegs ist – auf genau diesen beiden Klaviaturen. Dass ihre Stimme beides auf vorzügliche Weise beherrscht, ist auch auf der zweiten Platte gut zu hören. Im Vergleich zur ersten ist alles sehr viel zurückgenommener, zuweilen balladesker, neben Strom- und Akkustik-Gitarre gibt es passenderweise Tasteninstrumente zu hören. Während Bands wie Azure Ray, an die die Sache hier stellenweise erinnert, aber doch eher umfassend ins Süßlich-Wabernde abgleiten, geht hier alles weiterhin sehr irdisch zu. Und nicht nur das: man lauert drauf, dass gleich ein Lärm, ein Dreck, eine Wut ausbricht. Und so ist es dann auch. Fr, 2. 3., 21 Uhr, Centro Sociale, Sternstraße 2

Ein schöner Abend für alle Freundinnen und Freunde von Italien, Musik, Film und Western in dieser oder einer anderen Reihenfolge. Bruno Dorella ist im Hauptberuf Künstler in der italienischen Experimental-Rockband Ovo. Im zweiten Hauptberuf ist er zu einem über die Grenzen des Landes hinaus bekannten Vertreter eines ganz speziellen Genres avanciert. Ronin heißt das Projekt, in dem in einem freien Sinne der filmmusikalische Anschluss an den – vornehmlich aus italienischer Feder stammenden – Euro-Western hergestellt wird. Es ist dabei allerdings unbedingt mehr an Calexico und Postrock als an Ennio Morricone zu denken. Davor wird, nicht ganz unpassend, der Film „Rancho Texas“ gezeigt, in dem die Hamburger Justus Pasternak und Pencil Quincy das Leben des auf Lanzarote ansässigen Charles Bronson-Doubles Robert Kovacs in versonnenen Bildern einfangen. Di., 6. 3., 21 Uhr, Rote Flora, Schulterblatt 71 NILS SCHUHMACHER