Tränen im Uni-Parlament

MANIPULATION Nach Skandal um Wahlfälschung droht Bildung eines linken Asta zu scheitern. Offenbar wurden Wahlbriefe aus Wohnheimen geklaut

Das Studierendenparlament (Stupa) hat 47 Sitze und vertritt die 39.440 Studierenden der Uni-Hamburg.

■ Das Stupa wählt den Allgemeinen Studierendenausschuss, kurz Asta. Der verfügt über ein Budget von jährlich über 800.000 Euro.

■ Bei der Wahl 2012 kandidierten 23 Listen, davon kamen 15 ins Stupa. Wahlbeteiligung: 20 Prozent.

■ Die meisten Stimmen erhielten Jusos und Grüne mit je sieben Sitzen. Gefolgt von der Gruppe Regenbogen mit fünf Sitzen. SDS, Geisteswissenschaftler und vier weitere Liste erhielten je drei, die übrigen zwei oder einen Sitz.

Mit Tränen und einem Eklat endete am Donnerstagabend die Sitzung des Studierendenparlaments, auf der eigentlich ein neuer Asta gewählt werden sollte. Auslöser war eine Powerpoint-Präsentation des Präsidiums. Das Trio hatte 94 vermutlich gefälschte Wahlbriefe geöffnet und gezählt, wem die Stimmen zugefallen wären. Etwa die Hälfte hätte die Gruppe SDS (Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband) erhalten, weitere 20 zwei Einzelpersonen der Geisteswissenschaften-Liste.

Beide Gruppen sind Teil eines neuen linken Bündnisses aus fünf Gruppen, das den neuen Asta stellen wollte. „Eine 30-seitige Koalitionsvereinbarung war bereits ausgehandelt“, sagt SDS-Mitglied Constantin Braun. Erstmals nicht am Ruder wäre die Juso-Hochschulgruppe gewesen, die seit 2006 den Asta mit realpolitischem Kurs dominierte und bereits vor dem „linken Chaos-Asta“ warnt.

Doch nun hängt die Frage, ob dieser neue Asta zustande kommt, in der Luft. Man müsse die Sache „erst mal in Ruhe beraten“, sagt Jan-Peter Jannack von der Gruppe „Campus-Grün“, ohne die dieses linkes Bündnis nicht möglich wäre.

Der Manipulationsverdacht kam bereits im Januar auf. Für die Stupa-Wahl gibt es zunächst eine dreiwöchige Briefwahlphase. Danach können jene, die nicht per Post abstimmten, dies an einer Urne auf dem Campus tun. Hier fiel auf, dass einige Studierende aus drei Wohnheimen bereits ohne ihr Wissen als Briefwähler registriert waren. „Offenbar wurden Unterlagen dort aus den Briefkästen geklaut“, sagt Konstantin Tribitsov von den Jusos, die nun Strafantrag stellen.

In diesen Heimen wurde die Wahl wiederholt. Außerdem wurden die Briefe an die Kripo übermittelt, die nun DNA-Spuren und Fingerabdrücke sucht.

Diese Kripo-Aufklärung hätte man abwarten müssen, findet Constantin Braun. „Das Stupa-Präsidium hatte kein Recht, die Briefe zu öffnen und einzelne bloßzustellen“. Das habe Züge einer Menschenjagd, mit der „Zwietracht gesät“ werde. Die Fälschung könne von allen kommen. Sie habe das Ergebnis nicht beeinflusst, da die Abstimmung wiederholt wurde. Zudem sei nicht gesagt, dass alle 94 Wohnheimstimmen gefälscht waren.

„Es gab durch die Bank die Forderung, dies öffentlich zu machen“, hält Jan-Peter Jannack dagegen. Es sei jetzt wichtig, dass alle Gruppen ein Statement abgeben, wie sie zu dem Vorfall stehen. Das ist für SDSler Braun keine Frage: „Wir sind Demokraten“, sagt er. „Wahlfälschung ist untragbar.“ KAIJA KUTTER