St. Pauli-Fan vor Gericht: Ein Vorfall, drei Versionen

Nicola B. muss sich wegen Widerstands gegen Polizisten im Zuge der Randale beim Schweinske-Cup verantworten. Das Verfahren wird eingestellt.

Endete mit Randale und Polizeieinsatz: das Hallenfußball-Turnier Schweinske-Cup im Januar. Bild: dapd

Für den Darmstädter Studenten und FC-St.-Pauli-Fan Nicola B. hatte der Besuch in seiner Heimatstadt und des Hallenfußball-Turniers Schweinske-Cup am 6. Januar des Jahres nicht nur schmerzhafte, sondern auch juristische Folgen. Am Freitag musste sich der 27-Jährige wegen Widerstands gegen Polizeibeamte und versuchter Körperverletzung vor dem Amtsgericht St. Georg verantworten. Er war bei einer verbalen Auseinandersetzung mit Lübeck-Fans von Polizisten festgenommen worden.

Das Ganze spielte sich im Gang zu den Toiletten der Alsterdorfer Sporthalle ab. Während St.-Pauli-Fans „Nazis raus“ skandierten, hätten hinter den Hamburger Gittern Lübeck-Fans „Deutsche wehrt euch: Geht nicht zu St. Pauli“ gerufen, so B. Er habe deswegen Polizisten angeschrien, sie mögen Einschreiten, da das Volksverhetzung sei. „Ich war einfach empört und aufgebracht, musste mir einfach Luft verschaffen“, sagt er. Plötzlich sei er von hinten gepackt und zu Boden gerissen worden. Zwei weitere Polizisten hätten ihn dann schmerzhaft die Arme auf den Rücken gedreht. „Ich dachte, die brechen mir das Handgelenk“, sagte B.

Er habe vor Schmerzen wild gezappelt. „Wenn ich dabei jemanden getroffen habe“, so der Vorwurf der Anklage eines Tritts, „dann tut es mir leid“, entschuldigt sich Nicola B. Aber als er fixiert auf dem Bauch am Boden lag, habe ihn ein anderer Polizist „mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen, sodass ich fast besinnungslos war“, sagt B., der später ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.

Der Polizist Mark M. schildert die Situation etwas anders. Er sei mit seiner Einheit anderen Beamten zu Hilfe geeilt, weil sich Fangruppierungen geprügelt hätten. Er habe gesehen, wie zwei Beamte den Angeklagten festnehmen wollten, der sich aber wehrte. Dann habe er eingegriffen und B. mit dem Festhaltegriff bändigen wollen. „Er hat sich aber rausgedreht“, sagt M.

B. habe sich umgedreht und mit der Faust auf seinen Oberkörperpanzer und den Helm geschlagen. „Er versuchte, mein Visier hochzureißen“, sagt M. Deshalb habe „ich ihn zwei Mal mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ihn zu Boden gerissen“. Weil B. sich weiter wehrte, wären zwei Kollegen zu Hilfe gekommen und hätten seine Beine fixiert.

Die beiden Polizisten, mit denen B. laut M.s Aussage anfangs gerangelt haben soll, „konnten nicht ausfindig gemacht werden – es war zu chaotisch“. Möglich ist, dass es sie gar nicht gibt. Denn die Polizistin Patrizia H. und ihr Kollege Torsten A. sagten unisono aus, dass sie zu dritt Nicola B. gepackt und zu Boden gebracht hätten. Zuvor habe sie gesehen, wie Kollege M. „versuchte, eine Person aus der Masse zu ziehen“, sagt H. Die Person habe sich mitten im Pulk befunden. Polizisten habe sie jedoch in dem Moment nicht gesehen, sagt H. „Die hatten keine Helme auf.“

Nach diesen Aussagen sind die Prozessbeteiligten zu dem Ergebnis gekommen, das Verfahren gegen Nicola B. gegen eine Auflage von 300 Euro einzustellen. Schließlich habe er zahlreiche Verletzungen davongetragen und die Verfahren gegen die Polizisten wegen Körperverletzung im Amt seien von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden. „Dass meine Angaben eine Schutzbehauptung gewesen sein sollen, kränkt mich sehr“, sagt Nicola B.

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