Polizei gesinnungslos

NACHBEREITUNG Der Innenausschuss beleuchtet den Polizeieinsatz am 2. Juni. Senator lobt Strategie

Sondersitzung unter starken Sicherheitsvorkehrungen: Der Innenausschuss der Bürgerschaft hat sich gestern mit den Vorgängen beim Neonazi-Aufmarsch am 2. Juni in Wandsbek befasst. Beantragt hatten das die Grünen, um zu debattieren, warum die Polizei den Marsch direkt durch ein Wohngebiet geleitet, 700 Gegendemonstranten zeitweise eingekesselt und Pfefferspray, Schlagstöcke sowie ihre Pferdestaffel eingesetzt hatte.

Innensenator Michael Neumann (SPD) ließ vor allem den Polizei-Einsatzleiter Peter Born Strategie und taktische Einstellung darstellen. Schon frühzeitig hatten demnach Demonstranten versucht, auf die Route der Neonazis zu gelangen. „Das war mit 3.000 Menschen das größte Störerpotenzial seit Langem“, sagte Born. In der Wagnerstraße seien Autos angezündet worden und Polizisten massiv mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen worden, „dabei gab es die meisten verletzten Kollegen“. Als er gemerkt habe, dass die eigentliche Marschroute nicht freizubekommen war, habe er mit Neonazi Thomas Wulff vereinbart, sie nach Süden zu verlegen.

Neumann lobte den Einsatz als gelungen: „Wir haben keine Gesinnungspolizei“, sagte er. „Es waren 9.000 Menschen in Eilbek unterwegs, es sind beide Lager auseinander gehalten worden.“ Sein politischer Anspruch sei stets gewesen, den Neonazi-Aufmarsch zu verbieten, so Neumann. „Ich musste mich aber belehren lassen, dass das nicht geht.“ Auch das Verwaltungsgericht habe verfügt, dass die Stadt den Rechtsextremen einen drei Kilometer langen Marsch gewähren müsse.

Zweifel an Borns Darstellung meldete die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christiane Schneider, an: „Woher wissen Sie, dass es 3.000 gewalttätige Störer gegeben hat?“, fragte sie. „Können Sie in die Köpfe gucken?“ Schneider wollte auch wissen, warum die Polizei den Neonazi-Aufmarsch auf der alternativen Route nicht aufgelöst habe, obwohl aus ihm heraus Landfriedensbrüche begangen worden seien. „Einzelne Straftaten sind kein Grund“, sagte Einsatzleiter Born, „eine Versammlung aufzulösen.“ Die Sitzung dauerte bei Redaktionsschluss an. KVA