„Eher Beifall als Schimpfe“

Solidarität für Homosexuelle in der Ukraine

■ 50, GAL-Abgeordneter in der Bürgerschaft, ist Fachsprecher zum Thema „Gleichstellung“ und initiierte die „Hamburger Ehe“.

taz: Herr Müller, wie ist man Ihnen als Homosexuellem in der Ukraine begegnet?

Farid Müller: Eigentlich höflich. Aber natürlich habe ich mit verschiedenen Homo-Initiativen gesprochen und die erzählten mir von der allgemein sehr homophoben Grundstimmung, besonders in Großstädten.

Wie in St. Petersburg soll nun im ukrainischen Parlament über das Verbot von „Homopropaganda“ debattiert werden. Worum geht es da?

In St. Petersburg ist es verboten, offen für Toleranz und Homosexualität zu werben, es darf dazu nicht demonstriert werden – alles unter der Prämisse „zum Schutz der Jugend“. Mit dem Gesetzesentwurf der Ukraine verhält es sich wohl ähnlich. Und Präsident Janukowitsch versucht vermutlich, auf dem Rücken einer gesellschaftlichen Minderheit um die Gunst der Wähler zu werben.

Könnte er Erfolg haben?

Ich denke schon. Homosexuelle sind dort nicht selten Ziel von Attacken und Hass. Da gäbe es eher Beifall als Schimpfe. Aber es ist das falsche Signal: Zum einen würde es die Tendenzen in St. Petersburg stärken, zum anderen braucht die Ukraine einen politischen Neustart, und zwar Richtung Westen.

Warum ist Homophobie in der Ukraine noch verbreitet?

Ich vermute, dies stammt noch aus der alten Sowjet-Zeit, in der es keine offene Gesellschaft gab. Auch die russisch-orthodoxe Kirche, die mit ihrer Abneigung den gläubigen Menschen ein Feindbild einimpft, spielt eine Rolle.

Gehen Sie heute zu der Demonstration?

Ja! Denn den Menschen dort hilft niemand.

Kundgebung „gegen Homo- und Transphobie“ in der Ukraine : 16.30 Uhr, vor dem ukrainischen Konsulat, Mundsburger Damm 1