Entladene Emotionen

MOBBING Streit in der Küche des Mövenpick-Hotels eskaliert in Messerattacke. Managerin Annette Hammer schließt Arbeitsbedingungen als Ursache aus

„Er fühlte sich seit Längerem vom Vorgesetzten gemobbt“

NANA FROMBACH, STAATSANWÄLTIN

Oben hui, unten pfui – lautet so die Devise des Managements des Vier-Sterne-Mövenpick-Hotels im Schanzenpark? Am Samstagabend gerieten in der Küche der Nobelherberge offensichtlich aufgrund aufgestauter Emotionen Tellerwäscher Bashar A. und sein Vorarbeiter Piers S. zum wiederholten Mal in Streit. Dabei warf Bashar A. ein Messer und verletzte Piers S. lebensgefährlich. Gegen den 35-Jährigen ist Haftbefehl erlassen worden.

Um die Stimmung unter dem Service-Personal im Mövenpick-Hotel ist es nach taz-Informationen nicht gut bestellt. Miese Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten, unbezahlte Überstunden bis spät in die Nacht und eine hohe Fluktuation unter den Beschäftigten prägen das Bild. „Fast die komplette Belegschaft hat innerhalb kurzer Zeit gewechselt“, berichtet ein Mitarbeiter. Umso schlimmer ist es dann, wenn Vorgesetzte sich durch Arroganz, Überheblichkeit und Sticheleien gegen Untergebene hervortun, wie es Piers S. des öfteren getan haben soll.

„Er hat vor dem Haftrichter angegeben, dass er sich schon seit Längerem vom Vorgesetzten gemobbt gefühlt habe“, berichtet die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Nana Frombach über den Messerwerfer Bashar A. Es habe mehrfach Probleme zwischen den beiden Männern gegeben. Als Piers S. an jenem Samstag erneut eine spitze Bemerkung von sich gegeben habe, die gar nicht auf Bashar A. bezogen war, habe sich dieser verspottet gefühlt, sagt Frombach. Es kam zu einer Schubserei, wobei sich Bashar A. leicht verletzt habe und deswegen wohl austickte. Er habe nach dem Messer auf dem Tisch gegriffen und es nach dem Motto „jetzt verletze ich dich auch“ auf Piers S. geworfen, sagt Frombach.

„Das Messer traf den Angestellten im Schulterbereich und verletzte dabei Arterien und Venen“, sagt Polizeisprecher Holger Vehren. Piers S. habe zwei Liter Blut verloren. Er kam mit dem Rettungswagen in ein Krankenhaus und musste notoperiert werden. Der 26-Jährige schwebt nicht mehr in Lebensgefahr. Bashar A. flüchtete nach der Tat aus dem Hotel und wurde wenig später zu Hause in Wilhelmsburg festgenommen.

Mövenpick-Managerin Annette Hammer bestreitet, dass der Vorfall etwas mit den Arbeitsbedingungen zu tun hat. „Es war ein rein persönlicher Streit“, versichert Hammer. Das Amt für Arbeitsschutz habe vor Kurzem die Arbeitsbedingungen, gerade was die Arbeitszeiten angeht, überprüft und unbeanstandet abgenickt. „Die beiden waren als friedliebende Mitarbeiter bekannt“, sagt Hammer. „Wir stehen selber vor einem Rätsel.“

Obwohl Bashar A. vor der Polizei und dem Haftrichter beteuerte, dass er seinen Kollegen nicht habe umbringen wollen, wird gegen ihn wegen eines Tötungsdeliktes ermittelt. „Der Haftrichter hat Haftbefehl wegen versuchten Totschlages erlassen“, sagt Frombach. KAI VON APPEN