„Netzneutralität verankern“

DIGITALE BÜRGERRECHTE Parallel zum IT-Gipfel des Bundes starten Grüne offene, alternative IT-Tagung

■ 43, ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen und Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss.  Foto: dpa

taz: Herr von Notz, warum startet Ihre Tagung über digitale Bürgerrechte hier und heute?

Konstantin von Notz: Weil heute Abend in Hamburg auch der anderthalbtägige IT-Gipfel der Bundesregierung eröffnet. Den halten wir für eine unzulängliche Veranstaltung mit Messecharakter, die die Zivilgesellschaft kaum einbezieht.

Sie aber sehr wohl?

Ja. Bei uns gibt es Diskussionen mit der Zivilgesellschaft und eine kritische Auseinandersetzung mit den Problemen, die derzeit real für die Menschen sind.

Welche wären das?

Erstens gibt es einen Stau bei den Gesetzen für Rechtssicherheit und Regulierung. Zweitens muss die Netzneutralität, also die Gleichbehandlung von Daten bei der Übertragung im Internet in puncto Tempo und Qualität durch Internetdienstanbieter gesetzlich verankert werden. Und das unabhängig davon, wie viel der Nutzer zahlt.

Sie mahnen auch ein neues Datenschutzgesetz an. Was fehlt ?

Viel. Das Bundesdatenschutzgesetz stammt aus den 1970er Jahren und passt nicht zu den heutigen Problemen. Der Arbeitnehmerdatenschutz etwa ist praktisch ungeregelt.

Aber der NSA-Untersuchungsausschuss zeigt doch, dass deutsche Gesetze nicht vor ausländischer Spionage schützen.

Das sehe ich anders. Es sind nämlich nicht nur ausländische Dienste, sondern auch Deutschland spielt eine Rolle in diesem globalen Überwachungsnetzwerk, und der Missbrauch dieser Kommunikationsstruktur ist eng verbunden mit vielen Regelungsbefugnissen.

Wollen Sie damit sagen, dass deutsche Geheimdienste ihre Bürger noch stärker ausspionieren, als wir ahnen?

Sagen wir mal so: Wir prüfen im Ausschuss, ob es einen Ringtausch gibt – ob also unsere Dienste mit denen anderer Länder kooperieren, in denen unsere Verfassung nicht gilt, und einfach Daten tauschen.

Falls Ihre These stimmt: Wie könnte das vor sich gehen?

Die „Five Eyes“-Staaten – Australien, Großbritannien, Kanada, Neuseeland und die USA – sammeln zum Beispiel in Frankreich. Deutschland in Afghanistan – und dann tauscht man die Daten aus. Im Ausschuss verdichten sich die Hinweise, dass es so läuft.  INTERVIEW: PS

„freiheit#vernetzt#sichern – Digitale Bürgerrechte in Zeiten von NSA und Co.“: Auftaktdiskussion des am Dienstag startenden Offenen IT-Gipfels der Grünen mit Konstantin von Notz und Hamburgs Datenschutzbeauftragtem Johannes Caspar: 18 Uhr, Betahaus, Eifflerstr. 43