Rumäniens Fußballstar Adrian Mutu: Ganz oben oder ganz unten

Adrian Mutu erlebt entweder Atemberaubendes oder höchst Betrübliches. Am Dienstag steht der Rumäne vor einem richtungsweisenden Spiel. Mal wieder.

Mit dem Kopf zum Ball und dann ins Tor: Trainingseinheit mit Adrian Mutu Bild: dpa

Es gibt diese Sorte Mensch, für die hat der liebe Gott offenbar ein Leben voller Dramen vorgesehen. Schicksalsschlägen folgen atemberaubende Höhenflüge folgen Abstürze. Nur eines gibt es nicht: Ruhe. Der rumänische Fußballspieler Adrian Mutu ist so einer, und er hat der Welt gerade wieder einmal eine üppige Portion des Irrsinns vorgeführt, den das Schicksal scheinbar im Überfluss für ihn bereithält.

Es begann Anfang Juni. Wenige Tage vor dem Eröffnungsspiel starb eine Großmutter, der der 29-Jährige sehr nahe stand, er wäre gerne für ein paar Stunden in die Heimat gereist. Doch Trainer Victor Piturca gewährte keinen Urlaub, woraufhin Mutu mehrere Tage nicht mit Piturca sprach. Kurz darauf erfuhr Mutu, dass der internationale Sportgerichtshof (CAS) einer Klage des FC Chelsea stattgegeben hat. Der Club hatte ihn auf Schadenersatz verklagt, weil er den Spieler einst für 20 Millionen Euro vom AC Parma kaufte, ihn dann aber nach einem Jahr fristlos entließ. Er war in einer Dopingprobe aufgefallen, Kokain.

Der CAS bat die Fifa, über die Höhe der Entschädigung zu befinden, schnell kursierten zwölf Millionen Euro. Eine Zahlung. die den Spieler wohl in den Ruin treiben würde. Mittlerweile teilt die Fifa auf Anfrage mit, dass ihre Beratungen noch nicht abgeschlossen seien. So wie Mutus Weg über Gipfel und durch Täler.

Nach eineinhalb EM-Spielen, in denen er so gut wie unsichtbar blieb, erzielte er wie aus dem Nichts das 1:0 gegen Weltmeister Italien und wurde gefeiert. Als er zehn Minuten vor dem Ende der Partie die Gelegenheit hatte, die Italiener per Elfmeter aus dem Turnier zu befördern, versagten ihm die Nerven. Hätte er getroffen, wäre er wohl unsterblich geworden in Rumänien. Und in Italien. "Ich bitte die Fans um Verzeihung", sagte er nach seinem Fehlschuss, "aber ich werde mich dafür gegen die Niederländer revanchieren."

Ein neuer Höhepunkt gegen Holland würde zu Mutus Rhythmus passen, doch bei dem Exzentriker weiß man nie. Piturca sagt über seinen Star: "Er ist reif geworden, es war sehr wichtig, dass er geheiratet hat und so ein stabiles Familiengerüst im Rücken hat." Das war nicht immer so. Auf die erste Hochzeit mit der in Rumänien berühmten TV-Moderatorin Alexandra Dinu, die im Staatsfernsehen direkt übertragen wurde, folgte ein boulevardesk aufgearbeiteter Scheidungskrieg. "Er war wirklich ganz am Boden", sagt Ioan Lupescu, der Generaldirektor des rumänischen Fußballverbandes, der einst für Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach gespielt hat.

Die Schlagzeilen über den Wechsel von Parma zum glamourösen FC Chelsea wurden von Berichten über Skandale in der Londoner Partyszene abgelöst, und als Mutu gerade wieder bei Juventus Turin Fuß gefasst hatte, folgte der Zwangsabstieg für den italienischen Rekordmeister. Mutu ging nach Florenz, zu seinem Lieblingstrainer Claudio Prandelli, der ihn in Parma groß gemacht hatte. Dort erzielte er 33 Liga-Tore in zwei Jahren.

In die Phalanx der ganz großen Spieler ist Mutu trotzdem nie aufgestiegen. Zwar wurde er 2007 zum besten Spieler der Serie A gewählt, da hatte er gerade eine Saison im Sturm des AC Florenz an der Seite von Luca Toni hinter sich, für den Status eines Unvergessenen "fehlen ihm aber die Erfolge mit der Nationalmannschaft", sagt Lupescu. Als nationale Fußballikone wird er überragt vom legendären Gheorghe Hagi.

Aus diesem Schatten würde Mutu nur zu gerne heraustreten, und diese EM birgt die Chance dazu. "Er hat uns in einigen Momenten mitgerissen", sagt Kapitän Christian Chivu aufmunternd, sie hoffen alle, dass er die Gedanken an die tote Großmutter und die drohende Strafzahlung vergessen kann, wenn er das Berner Wankdorfstadion zum Spiel gegen Holland betritt.

Für Mutu geht es dann nicht nur um den Einzug ins Viertelfinale, er hat etwas wirklich Großes vor bei dieser EM. "Adrian weiß, dass er jetzt noch einmal die Chance hat, zu einem richtig großen Klub zu kommen", sagt Lupescu. Auch Schalke 04 soll interessiert gewesen sein, bevor Jefferson Farfan verpflichtet wurde, der Rumäne selber träumt aber eher von Manchester, Barça oder Milan. Ganz oben oder ganz unten eben, so ist das bei Adrian Mutu.

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