Dopingforscher über Schwimmrekorde: "Die Leistungen werfen Fragen auf"

Für Dopingforscher Wilhelm Schänzer sind die im Water Cube von Peking gezeigten Leistungen anzuerkennen - bis das Gegenteil bewiesen ist.

Kann ein ungedopter Mensch so schnell schwimmen? Bild: dpa

WILHELM SCHÄNZER, 56, leitet das Institut für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln. Das IOC-akkreditierte Labor gehört zu den weltweit führenden Einrichtungen der Dopinganalytik und hat viele der heute international üblichen Kontrollmethoden entwickelt.

taz: Herr Schänzer, Michael Phelps gewinnt bisher alle seine Rennen mit Weltrekordzeiten und verbessert diese deutlich. Ist das noch durch optimiertes Training zu erklären?

Wilhelm Schänzer: Man muss davon ausgehen, dass Technik, Training und individuelle Konstitution die Faktoren für die Erfolge sind. Natürlich machen die Zeiten einen stutzig. Die Leistungen sind gewaltig und werfen Fragen auf.

Welche Fragen?

Man müsste prüfen, wie oft die Sportler getestet wurden. Außerdem wissen wir, dass es Wirkstoffe gibt, die bei Tieren zu massiven Leistungssteigerungen geführt haben. Ob die beim Menschen auch in der Form wirken und ob sie überhaupt eingesetzt werden, ist mir allerdings nicht bekannt.

Welche Wirkstoffe sind das?

Präparate, die den Sauerstofftransport verbessern und somit die Muskeln optimal versorgen. Darüber hinaus ist das Doping mit Eigenblut und Insulinen kaum nachweisbar.

Was bewirken Insuline?

Sie verkürzen die Regenerationszeit.

Sind sie nicht nachweisbar?

Für synthetisches Insulin existiert ein Testverfahren, das allerdings bei den Olympischen Spielen nicht eingesetzt wird. Humaninsulin ist noch nicht nachweisbar.

Warum wird der Test nicht angewandt?

Das IOC geht davon aus, dass der Test noch nicht zugelassen ist. Die Zulassung hätte man sicherlich forcieren können.

Wären Insuline dann nicht optimal für einen Phelps, der viele Wettkämpfe hintereinander bestreitet?

Ja. Aber ich will nicht spekulieren. Man muss und sollte seine Leistung momentan einfach anerkennen.

Auffällig bei Schwimmern wie Phelps oder dem Australier Ian Thorpe ist die ähnliche Physiognomie: Große Hände und Füße. Lässt so etwas auf Doping mit Wachstumshormonen schließen?

Nein. Das ist zumindest sehr spekulativ. Wachstumshormone werden schon lange im Leistungssport eingesetzt. Deswegen denke ich, dass sie solche Leistungssteigerungen nicht bewirken können. Außerdem haben die Australier und die USA mittlerweile ein sehr gutes Kontrollnetz. Das ist ja nicht wie in China, wo die internationalen Kontrolleure nur schwer an die Sportler herankommen.

Was könnten Wachstumshormone denn bewirken?

Wir wissen von Dopingpraktiken im Radsport, dass Wachtumshormone in Verbindung mit Insulinen eingesetzt werden. Insulin führt zu einer optimalen Füllung der Glykogenspeicher in den Muskeln. Ob das jedoch auf den relativ kurzen Schwimmstrecken etwas bringt? Ich weiß es nicht.

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