„Hm, schon wieder Schäuble“

CLAN Thomas Schäuble ist der kleine Bruder von Wolfgang – und Chef der großen badischen Brauerei Rothaus. Ein Gespräch über Bier, Sucht, Politik und den Hass auf Helmut Kohl

■ Brauerei: Die Badische Staatsbrauerei Rothaus AG gehört zu 100 Prozent dem Land Baden-Württemberg. Umsatz 2010 bei 84 Millionen Euro. 223 Mitarbeiter. Die Etikette zeigen eine Trachtenfrau namens „Biergit“ (alemannisch: „Die, die Bier gibt“).

■ Bier: Verkaufsschlager ist das Pils in der 0,33-Liter-Flasche, das Tannenzäpfle, dessen Verkauf seit den Neunzigern stark anstieg. Heute 10 Prozent des Absatzes außerhalb Baden-Württembergs. Neuerdings auch Radler Zäpfle, Eiszäpfle (Export), Hefeweizen Zäpfle und alkoholfreie Zäpfle.

■ Boss: Thomas Schäuble, 63, seit 2004 Rothaus-Vorstand. Zuvor CDU-Politiker: Oberbürgermeister in Gaggenau, bis ihn 1991 Ministerpräsident Erwin Teufel nach Stuttgart in die Regierung holt; dort erst Minister für Verkehr, 1992 für Justiz und ab 1996 für Inneres.

INTERVIEW GEORG LÖWISCH
FOTOS STEFAN PANGRITZ

Rothaus im Hochschwarzwald, kurz vor elf, die Sonne scheint. Thomas Schäubles Zimmer liegt im Verwaltungsgebäude der Staatsbrauerei, das Fenster steht offen, unten wurde gerade Malz von einem Laster abgeladen, aber jetzt ist draußen alles ruhig. Seine Stimme und ihre badische Einfärbung erinnern stark an seinen älteren Bruder Wolfgang.

taz: Herr Schäuble, ist der so lange regnerische Sommer für Ihr Bier, Ihr Tannenzäpfle, eine Katastrophe?

Thomas Schäuble: Wir hatten ein wahnsinnig schönes und damit erfolgreiches Frühjahr. Und der Mai war exzellent. Wie auch die anderen Brauereien lagen wir im Plus. Der Juli, der hat allerdings zugeschlagen, da haben wir erheblich weniger verkauft. Bier ist ein Durstlöscher, und da ist die Sonne der beste Verkäufer.

Und sonst ist noch alles in Ordnung hier oben?

Der Absatz ist im vergangenen Jahr etwas zurückgegangen. Aber wir sind so erfolgreich, dass es schwierig ist, jedes Jahr die eins mit Sternchen zu machen. Wir haben eine Umsatzrendite von über dreißig Prozent. Gigantisch. Normal sind bei Brauereien vielleicht drei, vier Prozent.

Ich meinte mit der Frage eher die Wende in Baden-Württemberg. Grün-Rot regiert. Die Brauerei ist im Besitz des Landes. Und einen ehemaligen CDU-Politiker wie Sie müsste es so erschüttern, dass das Bier aus den Fässern schwappt.

Also ich bin 63 Jahre alt und bald 40 Jahre im Berufsleben, davon 20 Jahre als Oberbürgermeister beziehungsweise Minister. Mich erschüttert so schnell nichts. Außerdem habe ich als Chef hier in Rothaus immer auf ein gutes Verhältnis zu allen Fraktionen im Landtag geachtet. Ich habe ihnen die Brauerei gezeigt, und alle haben schon damals gesagt: Am Status der Brauerei würde sich nichts ändern, wenn wir rankommen.

Warum gehören eigentlich alle Rothaus-Aktien dem Staat?

Wir sind eine Gründung des Benediktinerklosters in Sankt Blasien. Der Abt war auch der weltliche Herr. Durch die Säkularisation kam Rothaus zum Großherzogtum Baden: Dieses hat die Brauerei also nicht gegründet. Dann blieb sie beim Staat, und da wir nie einen Dukaten, Groschen, Pfennig, Cent gekostet haben, war es immer recht.

Was halten Sie vom indirekten Nachfolger des Großherzogs?

Sie meinen Herrn Kretschmann? Also ich schleich ihm jetzt nicht nach, weil er Ministerpräsident ist, da steigt ja die Zahl der Freunde schlagartig. Aber ich kenne ihn verhältnismäßig gut aus der Zeit, als er Fraktionsvorsitzender war – ein sachliches, kollegiales Verhältnis ohne persönliche Schärfen.

Sie fürchten nicht, dass er Ihren Laden umkrempeln will wie den Energiekonzern EnBW, der ebenfalls mehrheitlich dem Staat gehört?

Das ist eine ganz andere Nummer. Die Energiewende und die Prioritäten von Grün, von Rot – inzwischen ja auch von Schwarz – werden sich in der Unternehmensphilosophie wiederfinden. Bei uns wäre es nur ein Problem, wenn wir eine Regierung hätten, die sich den Kampf gegen den Alkohol auf die Fahnen geschrieben hat. Aber zum Glück schätzen die Damen und Herren von Grün-Rot ab und zu ein Tannenzäpfle oder ein Bier von einer anderen guten Brauerei.

Böte Rothaus nicht für Grün-Rot ein paar schöne Posten? Ihren zum Beispiel?

Mein Vertrag läuft bis September 2014. Ich habe auch vor, ihn zu erfüllen. Es gibt jetzt zwar Veränderungen im Aufsichtsrat. Aber da geht die Regierung behutsam vor. Von sechs Aufsichtsräten, die das Land als Aktionär bestimmt, sind zwei neu gekommen. Der junge Landwirtschaftsminister, Herr Bonde, und der Finanzstaatssekretär, Herr Rust.

Ein Christdemokrat muss doch schockiert sein über die neuen Verhältnisse in Stuttgart!

Ich habe Ihre Frage auf die Brauerei bezogen. Dass ich als ein CDU-Mann nicht glücklich über die letzte Landtagswahl bin, ist klar. Aber ich halte mich mit Äußerungen zur politischen Lage zurück.

Neutralität auf tausend Metern im Hochschwarzwald.

Ich habe mir schon seit meinem Wechsel aus der Politik hierher 2004 jeden ungebetenen Rat verkniffen. Ratschläge sind auch Schläge. Meine Kollegen in der Brauerei und ich sehen unsere Aufgabe darin, ein gutes Bier zu machen. Und es zu verkaufen, damit das Land weiter Spaß an seiner Dividende hat. Insgesamt führen wir bei einem Umsatz von etwa 85 Millionen Euro an Dividende und Steuern über dreißig Millionen an den Staatssäckel ab.

Dabei wirkt hier alles so entschleunigt wie in diesem Jack-Daniels-Werbespot, wo die alten Schnapsbrenner gemächlich mit Korken ein Zielwerfen veranstalten.

Weil es ein Donnerstagvormittag ist. An einem schönen Wochenende schaffen wir den Andrang gar nicht. Aber wir freuen uns, wenn die Leute in unseren Gasthof einkehren, einen Blick durchs Fenster ins Sudhaus werfen oder den Zäpfleweg abgehen. Das ist wie beim Wählerverhalten: Die Zahl der Stammwähler nimmt ab und die Markentreue auch. Da muss man was tun. Und hier in der Region sind wir verwurzelt. Der Hype, den wir in Berlin fast geschenkt bekommen, wird sich irgendwann zugunsten eines anderen Getränkes ändern. Kult hält nicht ewig.

Ihr Bier schaffte es nach Berlin, Ihr Bruder ist auch dort. Warum sind Sie nie dort gelandet?

Schlecht recherchiert! Ich hab ein Semester in Berlin studiert. Und als Landesminister bin ich oft hingeflogen. Ich bin sehr gern in Berlin.

Aber Sie sind im Schwarzwald geboren, in Hornberg, 4.000 Einwohner. Und 63 Jahre später sitzen Sie im Schwarzwald, in Rothaus, zirka zehn Einwohner.

Drei. Der Braumeister, seine Frau und ich.

Der Schwarzwald ist Ihr Leben.

Als Kind war das ganz anders. Wenn ich eine nicht so gute Note schrieb, bin ich von meinem Vater Gott sei Dank nicht verhauen worden, aber ich musste dann bei einer Wanderung mitmachen. Das war auch eine kleine Strafe.

Ihr Vater soll gesagt haben: „Vom Durchschnitt haben wir genug.“

Ja, da habe ich in einer Klassenarbeit eine drei geschrieben und gesagt: „Durchschnitt war aber 3,2.“ Wir sind schon gestriezt worden. Ist uns ja nicht schlecht bekommen.

Auch das Strafwandern im Schwarzwald nicht.

Ich habe das damals nicht gehasst, aber der Schwarzwald nervte mich. Ich wollte raus. Ich war bei der Bundeswehr in der Nähe von Hamburg, in Freiburg zum Studium und eben in Berlin. Aber mit vierzig ist mir die Gegend hier wieder wichtig geworden. Ich habe eine Wandergruppe aufgemacht und die Liebe zum Schwarzwald wiederentdeckt. Ohne das wäre ich nicht nach Rothaus gegangen. Wenn Sie Pech haben, fängt der Winter hier oben im Oktober an.

In Hornberg wuchsen Sie als jüngster von drei Brüdern auf. Hat es Sie gestört, der „kleine Schäuble“ genannt zu werden?

Wir waren drei Brüder, der älteste ist jetzt im Mai gestorben. Der kleine Schäuble – so was bezog sich ja nur auf das Verhältnis von Wolf zu mir. Am Anfang, als ich 1984 die Wahl zum Oberbürgermeister in Gaggenau gewonnen habe, war er noch nicht bekannt. Aber später, als ich Landesminister war, schon. Der Wolf ist eine andere Liga – einer der drei, vier entscheidenden Köpfe der letzten Jahre in der Politik. Da musste ich mit solchen Äußerungen leben. Natürlich war der Name auch ein Vorteil. Natürlich ist so was aber auch gefährlich. Hätte ich einen Unsinn daherverzapft, hätte das mehr reingeschlagen als ohne so einen Bruder.

Aber bei den Schäubles ist die Familie doch eher ein Vorteil.

Na ja, nehmen Sie mal die Tochter meines Bruders, die Christine. Als sie Hauptabteilungsleiterin beim Südwestrundfunk geworden ist, hieß es: „Hm, schon wieder Schäuble.“

Obendrein wurde im Juli Christines Mann Thomas Strobl auch noch CDU-Landesvorsitzender in Baden-Württemberg.

Genau, jetzt kommt auch noch der Schwiegersohn! Haha, da wird’s manchen schon ein bisschen viel.

Ist vielleicht auch ein bisschen viel.

Nein. Der Name ist ein Türöffner und dann wieder eine Bürde – aber letztlich geht’s gerecht aus. Die Leistung muss man selbst bringen.

Wie war das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Bruder in der Jugend?

Er ist ja sechs Jahre älter, in der Jugend eine Menge Holz. Als ich in die siebte Klasse kam, machte er Abitur. Von da an war er nur noch besuchsweise zu Hause, in den Semesterferien, und ab und zu kam er aus Freiburg am Wochenende hoch. Die wichtigste Gemeinsamkeit war eigentlich, dass wir in Hornberg in derselben Mannschaft im Tennisclub gespielt haben.

Durften Sie auch mal gewinnen?

Ohne ihm zu nahe zu treten: Ich war besser.

Klingt nach einer kleinen brüderlichen Rivalität.

Nein. Am Anfang hat er mich geschlagen, weil er früher angefangen hat. Diese Konstellation kennt man vor allem im Vater-Sohn-Verhältnis. Natürlich schlägt der Vater am Anfang den Sohn oder versucht ihn ein bissel rankommen zu lassen, damit er ihm nicht die Lust verdirbt. Aber wenn der Sohn einmal gewonnen hat, ist der Durchbruch geschafft, und so war es auch bei uns. Als ich ihn das erste Mal geschlagen hab, hat er nie mehr gegen mich gewonnen.

Und beim Gehalt haben Sie ihn inzwischen auch übertrumpft.

Das liegt aber daran, dass die Spitzenpolitiker im Vergleich zur Wirtschaft zu wenig verdienen. Ich habe jetzt das Einkommen des Chefs einer mittelgroßen Sparkasse.

350.000 Euro im Jahr.

Es differiert ein bissel wegen der Leistungskomponente, aber da habe ich kein schlechtes Gefühl, am Ende meines Berufslebens auf dem Niveau eines Kreissparkassendirektors zu sein.

Manchmal hatte man den Eindruck, Wolfgang und Thomas Schäuble seien nicht Konkurrenten, sondern Verbündete. Wie die Sagenhelden Castor und Pollux, diese Zwillinge, die sich gegen Feinde helfen.

Im Prinzip haben Sie recht.

Das bekannteste Beispiel ist der Satz, den Sie 2001 sagten, als Ihr Bruder in der CDU-Spendenaffäre zurücktreten musste: „Ich verabscheue Helmut Kohl, und ich kann da für die ganze Familie sprechen.“

Der Satz ist jetzt gerade ein schlechtes Beispiel, weil er meinem Bruder nicht recht war. Aber ich hab ihn vorher auch nicht um seine Erlaubnis gefragt. Ich war betroffen von seinem Schicksal. Ich hab den Satz nicht spontan gesagt, sondern hab eine Nacht drüber geschlafen. Als Innenminister hatte ich am nächsten Tag in Stuttgart zufällig eine Pressekonferenz über Kriminalstatistik oder so etwas. Und bevor ich eingeschlafen bin, habe ich mir zwei, drei Sätze notiert, darunter den. Den hab ich dann auch gesagt.

Helmut Kohl hat später gesagt, er habe Ihre Erklärung wirklich überhaupt nicht verstanden.

Ob er das verstanden hat oder nicht, ist mir persönlich egal. Ich nehme die Erklärung auch nicht zurück. Ich würde das wahrscheinlich meinem Bruder heute vorher sagen. Wenn er dann sagt: „Lass es sein“, könnte es sein, dass ich Rücksicht darauf nehm.

Wo kooperieren Sie denn eng?

Wir telefonieren sehr oft, im Grunde wöchentlich. Früher, als ich noch Minister war, habe ich ihn viel mehr gesehen als heute. Natürlich hat uns auch die lange Krankheit unseres Bruders oft zusammengebracht. Wenn wir uns sehen, diskutieren wir viel über Politik. Ich weiß, wie er tickt. Als ich Minister war, wusste ich zu mehr als neunzig Prozent der Fälle schon vorher, was er zu einer Frage sagen würde. Wir sind keine Zwillinge, aber wir sind Brüder, die sich nicht ganz unähnlich sind.

Als Ihr Bruder vergangenes Jahr krank war, sind Sie auch an die Öffentlichkeit und haben gesagt, wie die Lage ist.

Das war eine Sauerei. Da habe ich mich mit einem Journalisten, den ich lange kenne, vertraulich unterhalten. Und der hat darüber geschrieben. Es ist nicht meine Aufgabe, in der Öffentlichkeit zu sagen, wie schlecht es ihm geht.

Sie können an seiner Stelle eine Äußerung tun, die ihn nicht bindet.

Nein, so läuft das nicht. Dass er sagt: „Erzähl jetzt mal öffentlich Folgendes“, ist abwegig. Wir tauschen uns aus. Familiär, persönlich, politisch. Aber ich kann dem Bundesfinanzminister nur wenig helfen, denn von der Materie versteh ich viel zu wenig. Ich kann nur zuhören, wie er mir’s erklärt, und sagen, ob ich es schlüssig finde.

Und? Können Sie seine Euro-Rettungsaktionen nachvollziehen?

Ich habe Vertrauen in seine Arbeit.

Klingt wie ein politischer Beichtvater.

Das ist falsch. Er hat ja seine Frau und seine Familie. Besonders zu seiner ältesten Tochter Christine hat er in diesen Dingen ein enges Verhältnis.

Ihr Bruder wurde nie Kanzler, weil Helmut Kohl nicht aufhörte. Und Sie wurden vom damaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel ausgesessen und nie Regierungschef in Stuttgart. Ist das ein gemeinsamer Fluch?

Beim Ostereiersuchen würde ich Ihnen sagen: nicht ganz kalt, aber auch nur lauwarm. Ich habe aus dem Schicksal meines Bruders meine Konsequenzen gezogen und gesagt: So soll es mir mal nicht gehen. Deshalb bin ich nach Rothaus gegangen – anfangs gegen den Willen von Teufel. Mir war klar: Erwin Teufel wollte nicht aufhören. Ich wollte nicht als dienstältester Landesinnenminister in die Geschichte eingehen.

Sind Sie gar nicht politiksüchtig geworden?

Ich habe die Politik gern gemacht, aber sie ist für mich keine Sucht.

Und Ihr Bruder?

Bei meinem Bruder ist das sicherlich der Fall. Den würde ich als politiksüchtig bezeichnen.

Zurück zum Brauen: Mögen Sie eigentlich Bier?

Sehr. Ich bin ein Weinkenner, was badische Weine angeht. Aber ich habe auch immer Bier getrunken, zum Beispiel nach dem Tennis. Und wenn ich jetzt abends hier Gäste habe – tags trink ich keinen Alkohol –, kann ich nicht sagen: Ich nehm jetzt ein Wasser.

Sie als Fachmann für ein erfolgreiches, konservatives Produkt: Wo wollen die Leute Veränderung und wo nicht?

Bei uns wollen sie bestimmt keine. Viele Brauereien suchen ihr Heil in Mischgetränken.

Sie doch auch: Sie haben gerade erst das Radler Zäpfle eingeführt.

Der Radler ist nur eine kleine Sünde, weil er ein traditionelles Mischgetränk ist. Aber dass wir unser Bier mit Cola, mit Himbeere, mit Orange vermischen – nein, wirklich nicht. Da würden wir unsere Stammkundschaft verärgern. Die will, dass wir eine klassische Pilsbrauerei sind.

Sogar gegen alkoholfreies Bier haben Sie sich bis 2009 gewehrt.

Wir haben das immer abgelehnt. Dann haben Max Sachs, unser Brauereimeister, und ich fast gleichzeitig gesagt: Wir müssen das machen. Das Bewusstsein für Gesundheitsfragen steigt. Wir dürfen nicht machen, was Gorbatschow mit dem Satz beschrieben hat: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Das heißt für uns: alkoholfreies Pils und alkoholfreies Weizen einführen.

Sie wollen im Ernst sagen, dass der Alkohol einmal etwas Überkommenes sein wird?

Der Trend wird immer stärker vom Alkohol weggehen. Da bin ich mir sicher. Es wird gleitend geschehen, aber es wird geschehen. Schwierig für alle, die Alkohol herstellen.

Was halten Sie von den Biertrinkverboten in der Öffentlichkeit oder in Bus und Bahn?

Darüber wird aus guten Gründen diskutiert. Aber das Bier ist doch das geringere Problem. Die eigentliche Gefahr liegt in den harten Sachen. Für unsere Brauerei hat aber die Diskussion keine Bedeutung.

Und der Ökotrend?

Wir nehmen Malz nur aus integriert-kontrolliertem Anbau, möglichst wenig gedüngt. Wir würden sogar ausschließlich Ökomalz nehmen, kriegen die Menge aber nicht zusammen. Wir brauen ja acht- bis neunhunderttausend Hektoliter, da brauchen wir 16.000 Tonnen Malz im Jahr.

Rothaus hat ja geschafft, was der CDU misslingt: strikt konservativ, aber in den Städten ein cooles Image. Wie ist das gelungen?

Das ist nicht einfach zu beantworten. Wir müssen uns ja inzwischen von Universitäten und Marketinginstituten untersuchen lassen. Da liegen wir quasi auf der Couch. In Freiburg ist das die Heimatverbundenheit, in Berlin muss es etwas anderes sein. Auf beiden Märkten hat es sich ausgezahlt, dass wir an unserer Werbelinie festhalten.

Der Name Zäpfle und diese Trachtenfrau namens Biergit Kraft, die seit Jahrzehnten auf den Etiketten abgebildet ist.

Die Leute müssen das irgendwie putzig finden.

Wenn es nur an Biergit liegt, heißt das: Außerhalb Ihres Stammlands sind Sie nur wegen der Frontfrau erfolgreich?

Wir wecken dadurch die Aufmerksamkeit, die Leute probieren unser Bier, und dann schmeckt’s. Aber ich will Sie davon abhalten zu denken, dass die CDU von uns lernen kann. Gar nicht. Die Prozesse in einer Volkspartei sind von einer Komplexität, die man mit unserer Aufgabe gar nicht vergleichen kann.

Wo liegt denn der Unterschied zwischen einem Tannenzäpfle und einem CDU-Abgeordneten?

Das Tannenzäpfle ist eine Flasche – und der CDU-Abgeordnete hoffentlich nicht.

Jemand aus dem Schäuble-Clan, der Mann Ihrer Nichte, soll die CDU Baden-Württemberg retten. Was muss er tun?

Er braucht sich nicht meinen Kopf als Brauereidirektor zu zerbrechen. Und ich zerbrech mir nicht seinen als Landesvorsitzender. Ich sag’s mal so: Ich bewundere seinen Mut, dass er diese Aufgabe gesucht hat.

Was müsste er Ihnen bieten, damit Sie tauschen und noch einmal in den Ring steigen?

Hoffnungslos. Ich würde nie tauschen.

Georg Löwisch leitet die sonntaz-Redaktion. Schätzt Rothaus Weizen. Lieblingsbier: Leffe Blonde

Stefan Pangritz, freier Fotograf, lebt im südbadischen Lörrach im Zäpfle-Stammland