Die Woche: Wie geht es uns Herr Küppersbusch?

Getuschel im Wahlkampf, Merkel auf dem Weg ins Marienreligiöse, NSA, Syrien und Neuwahlen als letzte Chance.

Die NSA-Sau läuft durchs Dorf. Bild: dpa

taz: Herr Küppersbusch, war etwas in bundestagswählerischer Hinsicht gut vorige Woche?

Friedrich Küppersbusch: Beim Wahlomat ehrlich geantwortet und trotzdem keine Irrenpartei empfohlen bekommen.

Und womöglich etwas schlecht?

Die Industrie bietet für die letzten 24 Tage keinen Adventskalender an.

Wird es eine beschwingte Woche für Steinbrück nach dem Duell am Sonntagabend?

Das werden seine spin doctors predigen. Merkel weiß über ihre Schwäche in dieser Disziplin, deshalb lässt sie nur ein Duell zu. Und begrüßt freudig die Lobby-Arbeit von Pro7-Maskottchen Stoiber, es durch Raab unkalkulierbar zu machen. Da das erste Duell traditionell eher zu Gunsten des Herausforderers gelesen wird, kann ihr nichts lieber sein, als dass Steinbrück die Presse mit Raab teilen muss. Das steht gegen Steinbrück; dagegen für ihn seine höhere Präsenz und die Sehnsucht der Medien, ein bisschen zu fiebern.

Kann Kanzlerin Merkel weiter auf das anything goes des Wahlkampfs hoffen?

Ja. Die Opposition hat schissig und verzagt nicht gewagt, einen großen, proeuropäischen Gegenentwurf vorzulegen. Inzwischen muss man fragen, ob es mit einem engagierten „Europa – mehr und besser!“ tiefer als 23 Prozent hätte gehen können. Vier Jahre gab es fast kein anderes Thema als den Gefrierschock der europäischen Einigung – außer im Wahlkampf, wo über Flausch getuschelt wird. Merkels Wahlspot formuliert visuell ihren Übergang ins Marienreligiöse, das geht wirklich nur, wenn keiner lacht.

Von NSA spricht niemand mehr – ist diese Sau nun genug durchs Dorf geritten worden?

Es war, demoskopisch betrachtet, das Thema aus Mangel an Themen. Selbst die DDR fiel erst, als die Bürgerrechtsbewegung zu einer Trashwalze aus Shoppingfreunden anschwoll. Es gab auch diesmal keine machtvollen Massendemonstrationen, zumal Rot-Grün vieles von dem früher mitgemacht hatte. Im Ergebnis eine effiziente Zweitstimmenkampagne für die FDP.

Wird Syrien ein wichtiger Faktor im Wahlkampf?

Nein. Obama spielt ein riskantes, semigeniales Spiel: Er gibt den Scharfmacher, um den Scharfmachern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Hätte er sich einem Kampfeinsatz verweigert, hätten sie ihn vor sich hergetrieben. Das kann noch schiefgehen, doch – es bietet null Angriffsfläche. 70 Prozent der Deutschen lehnen Kriegseinsätze ab, so hat Chefpazifist Westerwelle im Falle Libyen schon die FDP durch die BaWü-Wahl gewuchtet. Der Dissens von CDU und SPD ist fast so gering wie der zwischen Obama und Obama.

War es gerechtfertigt, dass sich die Toten Hosen von der Benutzung eines ihrer Lieder durch Parteien, die ihnen nicht lieb sind, so vernehmlich distanzieren? Oder ist nämliches Lied nicht schon so sehr Volksgut, dass es keiner Copyright-Allüren mehr bedarf?

Wenn man Lieder für Kirmesmitgröler schreibt, wird es anspruchsvoll, vor der Kirmes die CDU-Wähler auszusortieren. Auch bei Fortuna Düsseldorf soll es Fans geben, mit denen man nicht im gleichen Lied gesehen werden möchte. Ein guter Song kann sich selbst verteidigen.

Was sollten die Oppositionsparteien fordern, um gegen den Merkel’schen Brei zu punkten?

Neuwahlen.

(FRAGEN: JAF)

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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