„Jetzt keine Ablenkungsdebatte“

STREIT FDP und Linke fordern eine Abschaffung des Paragrafen 166. Später, sagen die Grünen

Nach den Anschlägen in Paris haben Politiker wie der FDP-Chef Christian Lindner und die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die Abschaffung des „Blasphemie-Paragrafen“ 166 im Strafgesetzbuch gefordert. Auch die Linkspartei hält die Streichung „für absolut sinnvoll“, sagte Jan Korte, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, der taz. „Wir brauchen mehr Freiheit. Gerade in schwierigen Zeiten sind zwei Dinge wichtig: Humor, um die Zustände zu ertragen, und Kritik, um sie zum Besseren zu ändern.“

Die Grünen sind für eine Abschaffung, doch sei es der falsche Moment für diese Debatte, sagte die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt der taz. „Sie jetzt zu führen, würde uns von den wichtigen Fragen, die sich nach Paris stellen, wegführen. Wir wollen jetzt keine Ablenkungsdebatten. Teile der Union machen das mit der Vorratsdatenspeicherung, und allen voran die AfD. Das ist nicht unser Stil.“ Auch Stephan Mayer (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, hält es für den „vollkommen falschen Zeitpunkt, über eine Abschaffung dieses Straftatbestandes zu diskutieren“, wie er der taz gegenüber äußerte. Wenn aber, dann „sollte eher über die Verschärfung des Paragrafen nachgedacht werden“, sagte Mayer. Kerstin Griese, Religionsbeauftragte der SPD-Fraktion, sagte der taz: „Ich halte die Diskussion über den Paragrafen 166 für völlig überflüssig. Er stellt ja nicht die Kritik an Religionen unter Strafe, sondern die Störung des öffentlichen Friedens. Ich bin der Ansicht, dass wir hier keine Gesetzesänderung brauchen.“

Die Evangelische Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz halten ebenfalls am Straftatbestand fest. Die Zentralräte der Muslime und der Juden haben sich zur aktuellen Debatte bislang nicht positioniert. STEFANIE SCHMIDT