Kabinett verabschiedet Gesetz zur Familienpflegezeit

PFLEGE Sozialverbände kritisieren, dass es keinen Rechtsanspruch für Auszeit vom Job gibt

BERLIN rtr | Arbeitnehmer können zur Pflege eines Angehörigen künftig für einen Zeitraum von zwei Jahren im Job kürzer treten. Das Bundeskabinett stimmte am Mittwoch einen Gesetzentwurf von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) für eine Familienpflegezeit zu.

Damit erhalten Beschäftigte die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit für maximal 24 Monate auf bis zu 15 Stunden zu reduzieren, wenn sie einen Angehörigen pflegen. Dadurch kann ein Vollzeitbeschäftigter beispielsweise um die Hälfte weniger arbeiten. Das Gehalt beträgt während dieser Zeit 75 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. Zum Ausgleich soll der Arbeitnehmer nach der Auszeit wieder voll arbeiten, bekommt aber weiterhin nur 75 Prozent des Gehalts, bis das Zeitkonto wieder ausgeglichen ist. Die Rentenansprüche sollen in etwa auf dem Niveau der bisherigen Vollzeitbeschäftigung erhalten bleiben.

Verbände: Falscher Weg

Sozialverbände kritisieren, dass in dem Gesetz kein Rechtsanspruch auf die Pflegezeit vorgesehen ist. Stattdessen muss der Arbeitnehmer eine Zustimmung des Arbeitgebers einholen. Zwischen beiden soll dann eine freiwillige Vereinbarung geschlossen werden. „Sich nur auf den guten Willen der Unternehmen zu verlassen, ist der falsche Weg“, sagte Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK. Zudem werde die Mehrheit der Menschen mit 25 Prozent weniger Gehalt über zwei Jahre nicht auskommen. Der Sozialverband Deutschland monierte, ohne Rechtsanspruch werde das Gesetz das Problem der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege nicht lösen.

Familienministerin Schröder entgegnete, die ersten Unternehmen führten die Familienpflegezeit bereits ein, bevor das Gesetz in Kraft trete. Familienfreundlichkeit sei in Zeiten des steigenden Mangels an Fachkräften ein harter Wettbewerbsfaktor. Schröder betonte, die Pflege eines Angehörigen bringe viele Menschen an die Grenzen ihrer psychischen und physischen Belastbarkeit. Den Menschen den Druck von drohender Arbeitslosigkeit und Altersarmut zu nehmen, sei eine gemeinsame Aufgabe von Unternehmen und Politik. Um die Gehaltsaufstockung während der Pflegezeit zu bezahlen, bekommt das Unternehmen eine zinslose Refinanzierung.