Nazis von Urteil unbeeindruckt

HOYERSWERDA Bewährungsstrafen für Angriff auf politisch engagiertes Paar. Es wurde im Oktober 2012 aus der sächsischen Stadt vertrieben

Am Montagabend verurteilte das Amtsgericht Hoyerswerda fünf von acht angeklagten Neonazis wegen Beleidigung und Bedrohung zu Freiheitsstrafen zwischen acht und zehn Monaten, die aber zur Bewährung ausgesetzt wurden. Zwei erhielten eine Jugendstrafe auf Bewährung. Nur ein Angeklagter, der bereits wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung einsitzt, muss fünf Monate länger in Haft bleiben. Richter Michael Goebel folgte damit im Wesentlichen den Anträgen der Staatsanwaltschaft.

Die heute 18- bis 36-jährigen Männer hatten im Oktober 2012 ein junges Paar in dessen Hoyerswerdaer Wohnung terrorisiert und mit Tod und Vergewaltigung bedroht. Beide waren dafür bekannt, in der Stadt Nazi-Aufkleber abzureißen. Auf Anraten der Polizei verließ das Paar daraufhin Hoyerswerda und lebt bis heute versteckt. Während der zweieinhalbstündigen Attacke war die Polizei offensichtlich nicht Herr der Lage. Entsprechende Nachfragen blockte der Richter in der Verhandlung ab. Die Angreifer zeigten sich auch im Gerichtssaal noch arrogant und gut gelaunt.

Klaus Bartl als Anwalt der beiden Nebenkläger hatte von Anfang an auf eine schärfere Anklage wegen Landfriedensbruch gedrängt. „Gemessen an dem für Bedrohung möglichen Strafrahmen können meine Mandanten mit dem Urteil leben“, sagte er. Beiden sei es weniger um Strafe als um Aufklärung und Öffentlichkeit gegangen. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Miro Jennerjahn sieht hingegen „die politische Dimension der Straftaten nicht ausreichend berücksichtigt“. Er zweifelt an der vom Richter bescheinigten günstigen Sozialprognose für die Angeklagten. Das Internationale Auschwitz-Komitee bezeichnete das am Holocaust-Gedenktag gefällte Urteil gar als „skandalös“.

MICHAEL BARTSCH

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