Nur noch ein Gesicht für Hessens Grüne

Fraktionschef Al-Wazir gibt dem Wort Doppelspitze einen neuen Sinn: Er will künftig auch den Parteiverband führen

FRANKFURT/MAIN taz ■ Bei den Grünen in Hessen gibt es noch immer die antiquierte Landesmitgliederversammlung (LMV) als oberstes Entscheidungsorgan der Landespartei. „Omnibusdemokratie“ nannten Sozialdemokraten im Landtag einst spöttisch die Ansammlung von Mitgliedern, die zum anberaumten Termin gerade Zeit und Lust hatten, zum Veranstaltungsort zu reisen und abzustimmen. Sehr viele waren das in den letzten Jahren nicht mehr.

Morgen in Darmstadt wird die Böllenfalltorhalle sicher gut gefüllt sein. Denn die Basis muss einen der beiden Parteichefs neu wählen. Den bisherigen Amtsinhaber Matthias Berninger zog es schon vor Monaten in die freie Wirtschaft nach Brüssel, zum Schokoriegel-Produzenten Mars.

Einziger Bewerber für das Amt an der Seite der erneut antretenden Parteivorsitzenden Kordula Schulz-Asche ist der Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen im Landtag, Tarek Al-Wazir. Das aber gab es noch nie zuvor bei den Grünen auf Länderebene und im Bund: Fraktions- und Parteivorsitz in Personalunion. Die frühere Landtagsfraktionsvorsitzende Priska Hinz hatte es nach dem Debakel bei der Landtagswahl 1999 einmal probiert – und war am Gegenvotum der Basis gescheitert.

Dass es jetzt der diplomierte Politologe Al-Wazir aus Offenbach erneut versucht, gefällt noch immer nicht allen in der Partei, die sich doch einmal die strikte Trennung von Amt und Mandat auf ihre Fahnen geschrieben hatte. Doch einen anderen Kandidaten als den 36-Jährigen gibt es nicht. Aber „Spontankandidaturen“, so Landeschefin Schulz-Asche, seien auch auf dem Parteitag noch möglich.

Aber nicht sehr wahrscheinlich. Schließlich soll auf dem letzten Landesparteitag vor der Hessenwahl im Januar 2008 Einigkeit demonstriert und das Wahlprogramm mit den Schwerpunktthemen Bildung, Umwelt und Verkehr möglichst geschlossen verabschiedet werden. Die Grünen in Hessen wollen den Wahlkampf ohne Koalitionsaussage bestreiten, aber überall im Lande verkünden, dass die Regierung von Roland Koch (CDU) nur mit den Grünen abgelöst werden könne. „Wir streben Regierungsverantwortung an“, sagt Schulz-Asche. Eine Neuauflage von RotGrün also? Die SPD strebt das an und hofft, dass es am Ende dafür reicht. Und wenn nicht? Ist dann die Linkspartei dabei? „Die Linkspartei kommt nicht in den Landtag“, glaubt Al-Wazir zu wissen. Und deshalb sei sie auch kein Thema auf dem Parteitag.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT