Janz Berlin een Internetcafé

Internet umsonst, draußen und für alle: Die SPD will in der Hauptstadt ein stadtweites Funknetz für drahtlosen Internetzugang installieren. Damit folgt Berlin einem weltweiten Trend. Städte wie San Francisco oder Heidelberg setzen längst auf W-LAN

AUS BERLIN ULRICH SCHULTE

In Cafés in Berlin-Mitte gehören sie zum Inventar: Endzwanziger, die über Laptops gebeugt an irgendwelchen Projekten basteln und dabei Latte schlürfen. In nicht allzuferner Zukunft können Sie auch anderswo surfen oder mailen, zum Beispiel mitten auf dem Alexanderplatz.

Denn die Berliner SPD möchte die Hauptstadt zu Deutschlands größtem Internet-Hotspot ausbauen – kurz: Internet draußen und für alle. In einem Leitantrag für den kommenden Landesparteitag schlägt sie vor, ein stadtweites Funknetz für drahtlosen Internetzugang zu installieren, ein sogenanntes Wireless Local Area Network. „Das W-LAN wird der Stadt einen Innovationsschub geben – besonders in den Bereichen Tourismus und Informationstechnologie“, sagt SPD-Landeschef Michael Müller.

Dabei spricht das Funknetz nicht nur Laptopfans an, sondern auch die Besitzer von internetfähigen Kleingeräten wie PDAs, Smartphones oder Handys. In der schönen neuen Drahtlos-Welt könnten Berlin-Besucher sich also über das Theater- oder Kinoprogramm informieren – und die kürzeste Busverbindung gleich mit empfangen. So schnell wie die Datenströme flössen auch neue Jobs in die Stadt, hofft die SPD, schließlich müssten Firmen Netzangebote neu entwickeln. Mit dem Funknetz „kann das Land dafür sorgen, die Bedingungen für die Weiterentwicklungen im Kompetenzfeld ‚Informations- und Kommunikationstechnologien‘ zu unterstützen“, heißt es in dem Antrag, der am 17. November beschlossen werden soll.

Die Hauptstadt surft dabei keineswegs auf der neuesten Welle: Immer mehr Städte entdecken kostenlose Hotspots weltweit als werbewirksames Plus. In Heidelbergs Altstadt können Touristen und Bürger seit Ende 2006 auf das Infoportal „Heidelberg mobil“ zugreifen, eine Mischung aus Reiseführer und Veranstaltungskalender. Ein dynamischer Stadtplan zeigt an, wo man gerade zwischen Neckar und Königsstuhl steht, ein virtueller Stadtführer gibt Tipps.

200 bis 300 Nutzer am Tag zählt Projektentwickler Matthias Jöst am Tag. „Die Verbreitung W-LAN-fähiger Geräte lässt noch zu wünschen übrig. Das geht jetzt erst richtig los.“ Heidelberg will die bisher nur ortsbezogenen Dienste 2008 so ausbauen, dass Surfen im Internet möglich wird. Dann soll das bisherige Gratisangebot auch Geld kosten.

Andere deutsche Städte tasten sich vorsichtig in die drahtlose Zukunft. Stuttgart funkte während der Fußball-WM im Sommer 2006 Handynutzern Infos und Fahrpläne aufs Mobiltelefon, Hamburg hat seit 2002 Dutzende Restaurants, Kaufhäuser und Unternehmen mit Hotspots ausgestattet. Auch Estlands Hauptstadt Tallinn wirbt mit einem Gratisfunknetz, amerikanische Städte wie San Francisco oder Philadelphia ebenso.

Um Berlin zu vernetzen, kämen mehrere Technikstandards in Frage: Die flächendeckende Installation von W-LAN Sendern ist vergleichsweise günstig. Ihr Nachteil: Sie strahlen nur zwischen 30 und 100 Meter weit – buchstäblich an jeder dritten Laterne müsste also ein Sender hängen. Neben Mobilfunkstandards wie UMTS ist auch der Standard WIMAX im Rennen. Er kann laut der Anbieterfirma DBD (Deutsche Breitband Dienste) „im ländlichen Raum 30 Kilometer und mehr überbrücken“.

Welche Variante die beste ist, wann das Funknetz steht und was es kostet, weiß die SPD selbst noch nicht. Doch während die Berliner Grünen schon über die „W-LAN-Blütenträume“ unken, bleibt man in der sozialdemokratischen Landeszentrale entspannt: „Die Politik hat die Aufgabe, mit Ideen Prozesse anstoßen. Wir sind schließlich eine Partei, keine Internetfirma.“