EU-Kommissar für Mindestlohn

Brüssel verweist auf gute Erfahrungen in anderen Ländern. Arbeitsminister Scholz plant Einführung auf Basis bestehender Gesetze. Wirtschaftsinstitut warnt vor Jobverlust

BERLIN rtr ■ EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla hat sich eindeutig auf die Seite der Mindestlohn-Befürworter geschlagen. „Alle EU-Länder, die Mindestlöhne eingeführt haben, scheinen damit zufrieden zu sein“, sagte der Kommissar am Wochenende. Nach Einführung der Mindestlöhne sei dort weder die Arbeitslosigkeit noch die Schwarzarbeit gestiegen. In Großbritannien sei die Arbeitslosigkeit nach Einführung eines Mindestlohns sogar gesunken. „Mindestlöhne können nämlich auch reguläre Beschäftigung attraktiver machen und dafür sorgen, dass Menschen Schwarzarbeit aufgeben und auf den Arbeitsmarkt zurückkehren“, sagte Spidla. In Großbritannien sei der Mindestlohn ein „erfolgreicher Bruch mit der Tradition“ gewesen.

Nach Plänen von Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) soll es künftig für die Einführung von Mindestlöhnen ausreichen, dass 50 Prozent der Beschäftigten in einer Branche tarifgebunden sind. Dann sollen die Tarifpartner einen Antrag auf einen Mindestlohn stellen können. Die Initiative von Scholz, die am Wochenende bekannt wurde, beruht auf dem Entsende- und dem Mindestarbeitsbedingungen-Gesetz von 1952. „Mit diesen beiden korrespondierenden Gesetzen schaffen wir die Grundlage dafür, flächendeckend einen Wettbewerb über Lohndumping zu verhindern“, heißt es in einem Vermerk aus Scholz’ Ministerium. Verhindert werde auch, dass der „Staat als dauerhafter Lohnzahler“ Niedriglöhne aufstocken müsse.

Kritik kam erneut aus dem Arbeitgeberlager. Das ihm nahestehende Institut der deutschen Wirtschaft (IW) warnte vor einem Verlust von bis zu 4 Millionen Stellen. Die flächendeckende Einführung von Lohnuntergrenzen sei „ökonomisch und sozialpolitisch unsinnig“, schrieb IW-Direktor Michael Hüther in einem Zeitungsbeitrag.