Ostermärsche ohne Jubiläumsbonus

50 Jahre nach den ersten Ostermärschen gingen nur einige tausend Menschen für den Frieden auf die Straße

BERLIN taz/dpa ■ Die Friedensfahnen wehten wieder, wenn auch nicht so viele: 50 Jahre nach den ersten Ostermärschen sind auch an diesem Wochenende in ganz Deutschland Menschen für Frieden und Abrüstung auf die Straße gegangen. Im Mittelpunkt der insgesamt rund 90 Ostermärsche stand die Forderung nach Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan; weitere Themen waren der Irakkrieg, der israelisch-palästinensische Konflikt und die Situation in Tibet. Die Beteiligung an den Märschen blieb jedoch vielerorts gering.

In Nordrhein-Westfalen radelten rund 50 Friedensaktivisten von Essen nach Bochum, im thüringischen Ohrdruf kamen nach Angaben des zentralen Ostermarschbüros rund 300 Menschen zusammen, in München forderten etwa 1.500 Menschen „Schluss mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr“. Beim größten Marsch im brandenburgischen Fretzdorf protestierten 2.500 Menschen gegen die militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide. In Berlin versammelten sich nach Polizeiangaben rund 350 Menschen, um gegen Krieg und Gewalt zu demonstrieren. Die Berliner Friedenskoordination hatte 4.000 Teilnehmer erwartet.

„Die Stabilität der letzten Jahre hat sich erhalten“, sagte der Sprecher des Ostermarschbüros, Willi van Ooyen, zur österlichen Marschbereitschaft. Der Chef der Linkspartei in Hessen räumte aber ein, dass etwa in Fretzdorf die Beteiligung geringer als im vorigen Jahr gewesen sei. „Für eine Mobilisierung der Menschen fehlt es wohl gerade an politischer Zuspitzung“, vermutete Uli Cremer von der Grünen Friedensinitiative. Die Friedensfrage brenne den Menschen momentan nicht unter den Nägeln, sagte auch Peter Strutynski, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, der die Ostermärsche mitinitiiert.

Das war bei den ersten Ostermärschen vor genau 50 Jahren noch anders. 1958 zogen vier Tage lang tausende Atomwaffengegner von London aus zum Atomforschungszentrum Aldermaston. Zwei Jahre später gingen in Deutschland erstmals 1.000 Ostermarschierer auf die Straße. 1968 stieg die Teilnehmerzahl in Deutschland auf 300.000. Ostern 1983 beteiligten sich bundesweit gar 700.000 Menschen an Demonstrationen gegen die Stationierung von Atomwaffen in Deutschland. Der Beginn des Irakkriegs 2003 trieb erneut viele Menschen auf die Straße. Nachdem sich an der US-Politik nichts änderte, ebbte der Zulauf in den Folgejahren wieder stark ab. LARS GAEDE