Grüne Jugend debattiert Schwarz-Grün: Youngster wittern "Wählerverarschung"

Die Grüne Jugend hat auf ihrem Bundeskongress leidenschaftlich über die schwarz-grüne Koalition in Hamburg debattiert - und eine 21-Jährige zur neuen Sprecherin gewählt.

Für viele Junggrüne eine Horrorkombination: Schwarz und Grün Bild: dpa

BONN taz Für Reinhard Bütikofer war es ein ungewohntes Erlebnis. "Ich bin noch nie bei der Grünen Jugend gesiezt worden", rief der Grünen-Vorsitzende irritiert in die Bonner Gesamtschulaula, in der sich der Parteinachwuchs am Wochenende zu seinem 30. Bundeskongress versammelt hatte. Unter dem Motto "Wem gehört die Welt" diskutierten die über 250 Teilnehmer drei Tage lang über Schwarz und Grün, Biodiversität, den Dalai Lama und die Legalisierung von Cannabis, die "Eigentumsfrage" und die Bahnprivatisierung.

Mit großer Mehrheit beschlossen sie den Leitantrag "Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge wie Verkehr, Energie, Entsorgung, Wasser, Kultur, Wohnungseinrichtungen oder Bildung dürfen prinzipiell nicht privatisiert werden". Die Grüne Jugend habe sich kapitalismus- und privatisierungskritisch positioniert, sagte Bütikofer. Beides sei "super".

Besonders über ein Thema diskutierten die Nachwuchspolitiker leidenschaftlich: Liegt die Zukunft der Grünen weiterhin an der Seite der SPD oder künftig auch an der der CDU? Lange verortete sich die grüne Jugend ausschließlich auf dem linken Flügel der Partei. Doch die Hamburg-Wahl hat manch alte Frontstellung aufgeweicht.

Als Gastredner hatten sie sich einen alten Bekannten eingeladen: den neuen Hamburger Justizsenator Till Steffen. Der 34-Jährige ist einer der Gründer der Grünen Jugend, gehörte 1994 deren ersten Bundesvorstand an. Eindringlich warb der jüngste Senator in der Geschichte Hamburgs für das schwarz-grüne Experiment. Die CDU habe sich auf die GAL zu bewegt, wie er es vor der Wahl nicht für möglich gehalten hätte: "Das ist für mich tatsächlich eine verblüffende Entwicklung."

Der Applaus für Steffen war freundlich, der Widerspruch kam indes umgehend: "Ich sehe da eine totale Wählerverarschung", kritisierte Johannes aus Sachsen. Die Grünen sollten sich "radikal auf unsere Werte besinnen, nicht auf Machtoptionen". Wenn schon Rot-Rot-Grün nicht möglich gewesen wäre, dann hätte die GAL in die Opposition gehen sollen, forderte auch Ario aus Köln. Die SPD sei zwar eine "Scheißpartei", sagte der Bayer Karl. "Aber das kann ja kein Argument für eine Koalition mit der CDU sein." Unterstützung für Steffen gab es allerdings auch - vor allem aus seinem Landesverband. "Meiner Meinung nach ist dieser Koalitionsvertrag sehr grün", begründete die Hamburgerin Linda ihre Zustimmung zur Zusammenarbeit mit der CDU in der Hansestadt.

Die Partei sollte sich alleine daran orientieren, "wie man grüne Politik durchsetzen kann", sagte der mittlerweile in den Bundesvorstand aufgerückte Malte Spitz. Deswegen sei er auch dafür, ohne Koalitionsaussage in den Bundestagswahlkampf ziehen. Eine Position, die wohl eine Mehrheit im Saal gefunden hätte, wäre über sie abgestimmt worden. Doch einen Beschluss gab es nicht.

Zur neuen Sprecherin der Grünen Jugend wählte die Versammlung die 21-jährige Kölnerin Kathrin Henneberger, die nun gemeinsam mit dem 25-jährigen Jan Philipp Albrecht den Verband führt. Neue politische Geschäftsführerin ist die 20-jährige Julia Löffler, eine entschiedene Schwarz-Grün-Gegnerin: "Wenn es zu Schwarz-Grün auf Bundesebene kommt, werde ich aus den Grünen austreten.

PASCAL BEUCKER

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.