Keine Abschiebung mit Minijob

SOZIALURTEIL Putzfrau kann in Berlin bleiben, auch wenn sie größtenteils von Hartz IV lebt: TürkInnen sind EU-AusländerInnen gleichgestellt, sagt EuGH. Abschiebung nur bei Gefährlichkeit oder zu langen Reisen

FREIBURG taz | Die Berliner Putzfrau Hava Genc kann vermutlich in Deutschland bleiben. Auch wenn sie nur einen Minijob ausübt, darf sie nicht einfach abgeschoben werden, entschied jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf Anfrage des Berliner Verwaltungsgerichts. Türkische Arbeitnehmer seien auch bei geringfügiger Beschäftigung mit EU-Ausländern gleichgestellt.

Die heute 44-jährige Frau war im Jahr 2000 nach Deutschland gekommen, weil sie einen in Deutschland lebenden Türken geheiratet hatte. Nach einigen Jahren trennte sich das Paar, und die Berliner Ausländerbehörde versuchte, Genc abzuschieben. Diese berief sich jedoch auf ihren Status als Arbeitnehmerin, die durch Assoziationsverträge der EU mit der Türkei geschützt sei.

Die Ausländerbehörde fand jedoch, dass Frau Genc gar keine richtige Arbeitnehmerin sei. Schließlich sei sie als Raumpflegerin nur fünfeinhalb Stunden pro Woche bei einer Gebäudereinigungsfirma beschäftigt. Außerdem erhielt sie nur 175 Euro Lohn pro Monat und lebte vor allem von Hartz-IV-Leistungen.

Der EuGH entschied nun aber auf Anfrage des Berliner Verwaltungsgerichts: Auch geringfügige Arbeitnehmer sind vom Assoziationsabkommen geschützt, es müsse nur ein echtes Arbeitsverhältnis vorliegen. Dafür spreche hier, dass Frau Genc nach Tarif bezahlt wurde, Urlaubsansprüche hatte und seit vier Jahren für denselben Arbeitgeber arbeitete. Die endgültige Entscheidung müsse aber das Berliner Gericht treffen.

Die EU-Richter in Luxemburg bekräftigten zudem, dass türkische Arbeitnehmer nur dann ihr Aufenthaltsrecht in der Europäischen Union verlieren, wenn sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen oder zu lange das EU-Gebiet verlassen. Dass sich Frau Genc inzwischen von ihrem Ehemann getrennt habe, sei irrelevant – auch wenn sie einst nur wegen der Familienzusammenführung nach Deutschland kommen konnte. (Aktenzeichen: C-14/09)

CHRISTIAN RATH