Mehr Verfahren wegen Zwangsprostitution

KRIMINALITÄT BKA-Statistik: Menschenhandel breitet sich aus. Zunehmend Nigerianerinnen betroffen

„Menschenhändler führten Voodoo- Rituale durch“

JÖRG ZIERCKE

BERLIN taz | Der Menschenhandel weitet sich in Deutschland offenbar weiter aus. Die Zahl der Verfahren wegen „Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung“ stieg 2009 auf 534; das ist eine Zunahme um 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch die Zahl der Opfer erhöhte sich mit 710 um 5 Prozent. Dies geht aus dem vom Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlichen Lagebild zum Menschenhandel hervor.

„Die Zahlen sind in den letzten fünf Jahren kontinuierlich gestiegen“, sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke am Freitag in Berlin. Zudem geht der BKA-Präsident von einem „erheblichen Dunkelfeld“ aus. Insgesamt würden die Täter immer professioneller und aggressiver vorgehen. Bei 87 Prozent der Opfer handelte es sich um Frauen, der Großteil von ihnen ist europäisch. Unter den ausländischen Opfern waren rumänische und bulgarische Staatsangehörige stark vertreten. Auch eine höhere Zahl von nigerianischen Opfern wurde registriert.

Das BKA folgte Hinweisen, nach denen sich nigerianische Menschenhändler in Deutschland und Europa etabliert haben. Jedes fünfte aller Opfer insgesamt war minderjährig. Das BKA vermutet, dass sich in vielen Fällen die Frauen und Mädchen nicht an die Polizei wenden. Die Opfer werden von den Tätern eingeschüchtert und befürchten Gewalttaten.

Bei Opfern aus Nigeria sei die Hemmschwelle, sich an die Polizei zu wenden, besonders hoch, sagte Ziercke. Die Menschenhändler hätten mit den Frauen Voodoo-Rituale durchgeführt, die sie zum Schweigen zwängen. Renate Augstein vom Bundesfamilienministerium plädierte für eine verstärkte Zusammenarbeit von Polizei und Fachberatungsstellen. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Menschenhandel“ arbeitet an Gesetzesänderungen, die die Lage der Opfer verbessern. LAURENCE THIO