Viel Lob für Wulff, etwas Tadel für Gauck

INTEGRATION Die Worte des Bundespräsidenten zum Tag der Deutschen Einheit kamen bei Muslimen gut an

BERLIN taz | Muslime in Deutschland haben positiv auf die Rede von Bundespräsident Christian Wulff (CDU) zur deutschen Einheit reagiert. Der Bundespräsident hatte am Sonntag bei der zentralen Festveranstaltung in Bremen betont, der Islam gehöre genauso zu Deutschland wie Christen- und Judentum.

Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, sagte der taz, die Rede sei „wie zu erwarten sehr gut“ gewesen. Kolat hob die symbolische Bedeutung hervor: „Endlich wird auch auf höchster Ebene anerkannt, dass der Islam Teil der Bundesrepublik Deutschland ist“, so Kolat. Gerade nach den „diffamierenden und teilweise rassistischen“ Bemerkungen des ehemaligen Bundesbankers Thilo Sarrazin gebe Wulff den Muslimen ein „Gefühl der Zugehörigkeit“.

Bekir Alboga, Dialogbeauftragter des islamischen Dachverbands Ditib, betonte, Wulff habe mit seiner Rede eine „neue Kultur der Debatte“ angestoßen. Der Bundespräsident habe gezeigt, wie man sich dem Thema nähern könne, „ohne dabei Ängste und Vorurteile zu schüren“.

Der Schriftsteller Feridun Zaimoglu lobte gegenüber der taz, Wulff habe „eine schlanke und unaufgeregte Rede“ gehalten. „Pathos und Schwulst“ wären bei diesem Thema fehl am Platze gewesen, so Zaimoglu, der auch einer der Unterzeichner des offenen Briefs deutscher Muslime an den Bundespräsidenten war. In der taz hatten die Autoren Wulff aufgefordert, auf die durch die Sarrazin-Thesen aufgeheizte Debatte mäßigend einzuwirken. Der Sachverständigenrat für Integration und Migration begrüßte ebenfalls „die kritischen Worte des Bundespräsidenten zu der Panik-Debatte um Integration und Muslime“. Integrationsexperte Klaus Bade merkte jedoch an: „Das hätten wir gerne schon früher aus Bellevue gehört.“

Kritik haben hingegen Äußerungen des unterlegenen Präsidentschaftsbewerbers von SPD und Grünen, Joachim Gauck, hervorgerufen. In seiner Jahrestagsrede am Samstag hatte Gauck mehr Druck auf integrationsunwillige Einwanderer gefordert. „Bei der Versorgung wollen diejenigen integriert sein, die unserer Kultur ablehnen, sie sogar bekämpfen und denunzieren“, kritisierte Gauck in Berlin. Dazu meinte Kolat von der Türkischen Gemeinde: „Gauck hat bei dem Thema offensichtlich noch Nachholbedarf.“ Schriftsteller Zaimoglu empfahl Gauck, „sich umzusehen und nicht mit hochrotem Kopf Dinge zu behaupten, die so nicht stimmen“.

NIKLAS WIRMINGHAUS