NPD könnte in dritten Landtag einziehen

RECHTSEXTREMISMUS Unter Ausschluss der Öffentlichkeit zelebriert die NPD den beabsichtigten Sturm auf den Magdeburger Landtag. Trotz krudester Thesen hat die Partei am Sonntag gute Chancen

MAGDEBURG taz | In Sachsen-Anhalt wächst die Sorge, dass die rechtsextreme NPD am Sonntag in den Landtag einziehen könnte. In Umfragen liegt die Partei bei 5 Prozent. Es wäre das dritte Parlament, in dem die NPD vertreten wäre.

Star der einzigen Wahlkampfveranstaltung der Landes-NPD in Barleben bei Magdeburg war am Wochenende der ehemalige SPD-Dorfbürgermeister Hans Püschel. Mit ihm erhofft sich die NPD sogar ein Direktmandat. Als sei der Karneval noch nicht vorüber, deklamierte er zur Gaudi der 150 Deutschnationalen das Couplet „Kinder, Kinder, sorgt für Kinder!“. Deutsche Kinder selbstverständlich. Die Aufforderung, der Mama „doch mal die Pille wegzunehmen“, quittierte die Handvoll anwesender Frauen aber mit Murren. Ansonsten war von der „Gute-Laune-Partei NPD“, so einer der Kader, wenig zu spüren. Denn „Deutschland liegt in Leid und Schmerz“, wie der nationale Barde Jörg Hähnel in der Mittellandhalle klagte.

60.000 Plakate, eine Million Wahlkampfzeitungen, professioneller Internetauftritt, eine Schulhof-CD, 10.000 Erstwähler direkt angeschrieben: von dieser „Materialschlacht“, wie es in internen Mails der NPD hieß, erhoffen sich die Rechtsextremen den Sprung über die 5-Prozent-Hürde. Das angestrebte Image der „Kümmererpartei“ könnte in Sachsen-Anhalt besonders verfangen. Die neun Amtsjahre des Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer hätten das Land stabilisiert, lobt sich die CDU selbst. Doch die NPD zielt gekonnt auf die, die sich in dieser Behauptung nicht wiederfinden. Da spielt es keine Rolle, dass selbst Spitzenkandidat Matthias Heyder in seiner Rede einräumte, die NPD habe „keine Patentrezepte für die Herausforderungen dieser Zeit“. Denn „die anderen“ hätten sie auch nicht, und auf den Protest von Wählern, die das auch so sehen, baut die NPD. Auf diese Weise war 2002 die nunmehr mit der NPD verschmelzende DVU aus dem Nichts auf 12,9 Prozent emporgeschnellt.

Auf solche Spontaneität verlässt sich die NPD 2011 nicht. Seit einem halben Jahr bereitet sie den Wahlkampf vor. Wie üblich einer aus der Deckung, fast ausschließlich medial und ohne öffentliche Präsenz von Kandidaten. Die Chancen von Spitzenkandidat Heyder würden andernfalls wohl auch drastisch sinken. In Barleben las der steif, aber fanatisch wirkende Kahlkopf eine hanebüchene Rede ab. Den „Blockparteien“ unterstellte er „Hoch- und Landesverrat“, er wetterte gegen die Rechtschreibreform, die den Kindern angeblich die Lektüre der Klassiker verwehrt, von der EU will er die Glühlampe wiederhaben, und von den Ägyptern erhofft er, „dass sie uns den Weg in die Freiheit bahnen“. Von einer Gegendemonstration war in Barleben nichts zu sehen. MICHAEL BARTSCH