Grüne gegen Rückführung der Roma: Abschiebesaison in NRW hat begonnen

Der Abschiebestopp ist gerade ausgelaufen, schon starten erste Flugzeuge mit der unerwünschten Volksgruppe gen Belgrad. Die Grünen erklären, ihnen seien die Hände gebunden.

Tränen in NRW: Die Abschiebung droht. Bild: dapd

KÖLN taz | Vor nicht einmal einer Woche lief der Wintererlass aus, der in den vergangenen Monaten Roma und andere Minderheiten vor ihrer zwangsweisen "Rückführung" in das Gebiet des früheren Jugoslawiens bewahrte. Jetzt beginnt auch im rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen die diesjährige Abschiebesaison. Am Dienstag soll die erste Chartermaschine mit rund 140 unerwünschten Flüchtlingen vom Düsseldorfer Flughafen aus gen Belgrad starten. Menschenrechtsorganisationen planen Protestaktionen.

Am 1. Dezember vergangenen Jahres hatte das nordrhein-westfälische Innenministerium den temporären Abschiebestopp angeordnet. Bis zum 31. März werde die "zwangsweise Rückführung von Angehörigen der ethnischen Minderheiten der Roma, Ashkali und Ägypter in die Republik Serbien sowie die Republik Kosovo" ausgesetzt. Denn es könne nicht ausgeschlossen werden, "dass sich die angespannte wirtschaftliche und soziale Situation in der Winterzeit weiter verschärft und zu besonderen Härten führt", heißt es in dem Erlass, mit dem die rot-grüne Minderheitsregierung bundesweit eine Ausnahmestellung einnahm.

Nun ist die Winterzeit vorbei - und die Abschiebemaschinerie wird auch wieder in NRW in Gang gesetzt. "Mit den ersten Frühlingsstrahlen hat sich sicherlich nicht die Lage im ehemaligen Jugoslawien verbessert", sagt die Leiterin der Sozialberatung des Rom e. V., Iris Biesewinkel. Aus der Beratungsarbeit des Vereins, der sich für die Menschen- und Bürgerrechte von Sinti und Roma einsetzt, seien ihr Roma bekannt, die akut von Abschiebung bedroht sind. Es sei ein Unding, dass es auf der einen Seite eine Reihe von Integrationsprojekten gebe, die von den Betroffenen auch angenommen würden. Andererseits Roma, die bisweilen schon seit 20 Jahren hier lebten, aus ihren Lebenszusammenhängen gerissen werden sollen. Biesewinkels Verein tritt für einen unbefristeten Abschiebestopp ein.

Insbesondere die Abschiebungen ins Kosovo hält auch die flüchtlingspolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion, Monika Düker, für "völlig verantwortungslos". Die Lage der Roma dort sei unerträglich, sie hätten "faktisch keine Integrationschance". Aber der rot-grünen Regierung seien die Hände gebunden. "Wir haben als Land getan, was wir tun können", sagt Düker, die auch Landesvorsitzende der Grünen ist. "Unsere rechtlichen Möglichkeiten sind erschöpft." Einen generellen Abschiebestopp könne nur die Bundesregierung veranlassen. Sie müsse sofort das Rücknahmeabkommen mit der kosovarischen Regierung aussetzen, fordert Düker.

Neben dem für Dienstag geplanten Flug nach Belgrad sind für die kommende Woche noch weitere Abschiebeflüge nach Pristina und wohl auch Skopje geplant. Nach Auskunft des NRW-Innenministeriums werden die unfreiwilligen Passagiere nicht nur aus NRW stammen. Betroffen von den geplanten Sammelabschiebungen sind auch bisher in anderen Bundesländern lebende Roma.

Die bundesweite Kampagne "alle bleiben!", die sich für ein Bleiberecht für Roma in Deutschland einsetzt, ruft für die entsprechenden Tage zu Protestaktionen in der Abflughalle B des Düsseldorfer Flughafens auf.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.