Ramelow kann der Prozess gemacht werden

THÜRINGEN Vorsitzender der Linksfraktion verliert Immunität. Der Vorwurf: Blockade einer Nazi-Demo

BERLIN taz | Der Justizausschuss des Thüringer Landtags hat am Mittwoch die Immunität des Vorsitzenden der Linksfraktion Bodo Ramelow aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft Dresden kann nun Anklage gegen ihn erheben. Sie wirft ihm vor, im Februar 2010 die friedliche Blockade der Neonazi-Demo in Dresden mitorganisiert zu haben. Ermittelt wird in der gleichen Sache auch noch gegen den Vorsitzenden der Linksfraktion in Sachsen und die Doppelspitze in Hessen. Alle anderen Verfahren – auch gegen andere Politiker – sind inzwischen eingestellt.

Ramelow zeigte sich empört über die Entscheidung: „Der Justizausschuss hat damit unserem Parlament einen Bärendienst erwiesen“, sagte er der taz. Offensichtlich gehe es um Parteipolitik. Der Staatsanwaltschaft wirft er vor, gegen ihn in seiner Funktion als Fraktionsvorsitzender vorzugehen.

In einem Brief an den Justizausschuss hatte Ramelow zuvor auf das aktuelle Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages hingewiesen, über das die taz in ihrer Dienstagsausgabe berichtete. Laut diesem Gutachten gab es in Sachsen im Zeitraum von Januar 2010 bis April 2011 eine „Strafbarkeitslücke“, was Verstöße gegen das Versammlungsgesetz angeht. Weder das für verfassungswidrig erklärte sächsische Versammlungsgesetz noch das Bundesversammlungsgesetz dürften Anwendung finden. Die Verfahren gegen die vier Fraktionsvorsitzenden wären dann genauso illegal wie die rund 50 noch laufenden Verfahren gegen mutmaßliche Blockierer der diesjährigen Nazi-Demo am 19. Februar in Dresden. SEBASTIAN ERB