Erfinder von „Storch Heinar“ wird Bildungsminister

MECKLENBURG-VORPOMMERN Er erfand die Satire-Marke „Storch Heinar“, bloggte auf „Endstation Rechts“ gegen die Neonazis von der NPD. Am Dienstag wird Mathias Brodkorb Minister für Bildung und Kultur in Schwerin – und will nun „die Probleme des Landes lösen“

„Wer Konservative zu halben Nazis macht, verharmlost Hitler“

MATHIAS BRODKORB, SPD

BERLIN taz | Bekannt geworden ist Mathias Brodkorb, 34, als Miterfinder eines klapprigen Vogels mit Führerbärtchen und Stahlhelm: „Storch Heinar“. Mit der gleichnamigen Satire-Modemarke veralberte der SPD-Politiker aus Mecklenburg-Vorpommern die unter Neonazis beliebten Klamotten von „Thor Steinar“ – und überstand dabei auch Gerichtsprozesse erfolgreich. Gleichzeitig bloggte Brodkorb auf der meist wohlinformierten Seite „Endstation Rechts“ seit 2006 über die Entwicklungen in der Naziszene. Und in einem Land wie Mecklenburg-Vorpommern, wo gerade erst wieder die rechtsextreme NPD in das Parlament eingezogen ist, gibt es hier immer viel zu berichten.

Am kommenden Dienstag wird Brodkorb nun als Bildungsminister der rot-schwarzen Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern vereidigt. Sein Hauptaugenmerk sei es jetzt, „die Probleme des Landes zu lösen“, sagt Brodkorb. Schon zum 1. Oktober hat er den Führer-Storch und seinen Blog „Endstation Rechts“ an Julian Barlen abgegeben, einen jungen SPD-Landtagsabgeordneten. Der hatte schon im Wahlkampf bewiesen, dass er ein würdiger Nachfolger ist, und trat dort mit der Satireband „Storchkraft“ auf.

Ganz aufgeben wird der designierte Bildungsminister Brodkorb die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus freilich auch in der Regierung nicht, im Gegenteil: Wie es in Koalitionskreisen heißt, soll in Zukunft das „Landesprogramm für Demokratie und Toleranz“ vom Sozialministerium in Brodkorbs Ressort für Bildung und Kultur verlagert werden.

Brodkorb ist 1997 von der PDS zu den Sozialdemokraten gewechselt. Seit 2002 sitzt er für die SPD im Schweriner Landtag. Er ist studierter Philosoph und Gräzist, liebt die intellektuelle Debatte – und provoziert dabei mit seinen Ansichten mitunter auch die Linken. Denn für stramme Antifaschisten ist Brodkorb nicht antifaschistisch genug: Während er die NPD heftig bekämpfe, verharmlose er die „Neue Rechte“ und deren Theorieorgane und Zeitungen wie die Junge Freiheit, so der Vorwurf. Diese Strömung bildet nach Ansicht von einigen Experten ein Scharnier zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus.

„Völlig schräg“ finde er die Attacken auf ihn, sagt Mathias Brodkorb. Für ihn bedeute Linkssein nun mal, für Pluralismus einzutreten. Und so wie die CDU Linksradikale aushalten müsse, müssten Linke auch radikale Rechte aushalten, die keine neonazistischen Positionen vertreten. „Wer jeden Konservativen zu einem halben Nazi macht, verharmlost letztlich Hitler und das Dritte Reich“, findet er.

WOLF SCHMIDT