Babysterben in Bremen: Tödlicher Keim im Krankenhaus

Drei Frühchen gestorben, sieben infiziert: Das Klinikum Bremen-Mitte sucht seit August vergeblich nach der Quelle der Darmkeim-Infektionen.

Nimmt keine neuen Patienten mehr auf: die Intensivstation für Frühchen und Neugeborene im Klinikum Bremen-Mitte. Bild: dapd

Drei Frühgeborene sind seit August an Infektionen durch den Darmkeim ESBL im kommunalen Klinikum Mitte in Bremen gestorben. Das hat die Klinikleitung am Dienstag der Gesundheitssenatorin mitgeteilt. Die schaltete daraufhin das Robert-Koch-Institut ein und schloss die Neonatologie für Neuaufnahmen. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf.

"Es gibt eine Infektionsquelle und niemand weiß, wo sie herkommt", sagte der Geschäftsführer des Klinikverbunds, Diethelm Hansen, am Mittwoch. Das erste der drei Frühchen, die alle weniger als 1.000 Gramm wogen, starb schon am 8. August.

Daraufhin veranlasste das Klinikum die vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen und für einige Wochen sah es so aus, als sei das Problem gelöst - dann gab es neue Infektionen und am 16. August den zweiten Todesfall. Erst nach dem dritten Todesfall am 27. Oktober zog das Klinikum die Notbremse und informierte die politisch verantwortliche Gesundheitssenatorin.

Insgesamt bei 15 Frühchen ist in den vergangenen Wochen der fragliche Keim auf der Haut nachgewiesen worden, bei sieben Kindern ist es zum Ausbruch einer Infektion gekommen. Während drei aufgrund der schwachen Abwehrkräfte bei Frühgeborenen diese Infektion nicht überlebten, sollen die vier anderen außer Lebensgefahr sein.

Neue Frühgeburten kommen inzwischen auf eine andere Intensivstation und werden von anderem Personal betreut. Das Personal der betroffenen Neonatologie werden "gescreent", um zu klären, ob vielleicht einer der ÄrztInnen oder Pflegekräfte den Darmkeim verbreitet.

Durch spezielle Mutationen wird der Darmkeim ESBL resistent gegen Antibiotika. Erst Anfang Oktober hatte sich ein frühgeborener Junge in Passau mit dem multiresistenten Keim angesteckt und war gestorben. Im August 2010 waren in einer Mainzer Uniklinik drei Neugeborene gestorben, nachdem sie eine verunreinigte Nährlösung bekommen hatten. Einen Hinweis auf eine solche externe Ursache gibt es in Bremen nicht.

Erst im Juli war das Krankenhaushygienegesetz novelliert worden. Die Bundesländer sind nun verpflichtet, Hygieneverordnungen zu erlassen. Bremen gehört zu den wenigen Bundesländern, die solche rechtlichen Regelungen seit Jahren haben und auf ihren hohen Hygienestandard für die Kliniken stolz sind. Um so erstaunlicher das penetrante Auftauchen des Keims auf der Intensivstation. Wie so etwas passieren kann, sei ihr "schleierhaft", meinte eine Hyienefachfrau zur taz.

Nachdem am 1. 11. die Gesundheitssenatorin und Aufsichtsratsvorsitzende informiert worden war, hatte die Klinik am 2. 11. kurzfristig eine Pressekonferenz angesetzt. Sowohl die Senatorin wie die Gesundheitspolitiker der Parteien zeigten sich irritiert über die Informationspolitik der Klinik, die Senatorin wollte gestern klären, wer ihr eigentlich wann etwas hätte sagen müssen. Das Thema soll in der kommenden Sitzung der Bürgerschaft debattiert werde.

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