Neues Unterhaltsrecht: Bayern will Korrekturen

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs müssen geschiedene Mütter Vollzeit arbeiten, wenn ihr Kind drei ist. Bayerns Justizministerin will die harte Linie korrigieren.

Das neue Unterhaltsrecht erhöht die Eigenverantwortlichkeit der geschiedenen Mutter. Bild: AP

FREIBURG taz | Muss eine geschiedene Mutter ab dem 3. Geburtstag des Kindes sofort wieder Vollzeit arbeiten? Der Bundesgerichtshof (BGH) bejaht dies im Grundsatz. Der bayerischen Justizministerin Beate Merk (CSU) ist das aber zu schematisch. Sie droht deshalb mit einer Initiative zur Änderung des Unterhaltsrechts.

Bis 2008 galt im Unterhaltsrecht das so genannte 0/8/15-Modell. Danach konnte der betreuende Elternteil (meist die Mutter) nach einer Scheidung in der Regel bis zum achten Geburtstag des Kindes zu Hause bleiben. Der Ex-Mann musste dabei neben Kindesunterhalt auch Betreuungsunterhalt an die Mutter bezahlen. Ein volle Berufstätigkeit wurde von der Mutter erst nach dem 15. Lebensjahr des Kindes gefordert.

Seit 2008 gilt aber ein neues Unterhaltsrecht. Es erhöht die Eigenverantwortlichkeit der Geschiedenen, sie sollen schneller wieder in ihren Beruf zurückkehren. Außerdem werden geschiedene und nicht-eheliche Eltern beim Betreuungsunterhalt weitgehend gleichgestellt. Konkret heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch: "Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen Pflege oder Erziehung eines Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhalts verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen." (Paragraph 1570)

Zunächst beruhigte der BGH die besorgten Mütter: "Der Gesetzgeber will der Mutter ja nicht sofort nach Ablauf der drei Jahre einen Vollzeitjob zumuten, sondern ihr einen schrittweisen Übergang ermöglichen", sagte Meo-Micaela Hahne, die Vorsitzende des 12. Zivilsenats, in einem Spiegel-Interview, "sie braucht ja Zeit zum Abholen, Einkaufen, Zubereiten des Abendessens, für den Haushalt." Und weiter: "Wenn die Mutter Kita und Job in der Nähe hat, kann man ihr vielleicht schon zumuten, dass sie, wenn das Kind sieben oder acht Jahre alt ist, normal und gesund ist, eine Ganztagestätigkeit übernimmt."

Der Ton im Gesetz wurde inzwischen rauher

Entsprechend fielen auch die ersten BGH-Urteile aus. Im Juli 2009 warnte Hahnes Senat zum Beispiel vor einer "überobligatorischen Belastung" der Mütter bei einer Vollzeit-Tätigkeit. "Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer öffentlichen Einrichtung betreut und erzogen wird, kann sich bei der Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreungsbedarf ergeben", schrieben die Richter, "gerade bei kleineren Kindern". Es sei daher nur von einer "eingeschränkten Berufstätigkeit" auszugehen.

In jüngeren Urteilen ist der Ton aber deutlich rauher. Danach sehe das Gesetz nur einen "auf drei Jahre befristeten" Basisunterhalt vor. Wenn dieser "aus Gründen der Billigkeit" trotz ausreichenden Kita-Angebots verlängert werden soll, müsse die Mutter im Einzelfall die Sondersituation beweisen, etwa ein psychische Auffälligkeit des Kindes. Auch eine "überobligaorische Belastung" der Mütter durch Vollzeitarbeit und Kinderbetreuung könne "nicht pauschal" angenommen werden. Für alles verlangt der BGH konkrete Beweise im Einzelfall, mit allgemeinen Ausführungen, etwa zum Betreuungsbedarf eines ehemaligen Pflegekindes, gibt er sich nicht zufrieden.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) zeigt sich besorgt: "Sollte sich eine schematische Rechtsprechung des BGH verfestigen, wonach die Mutter in der Regel ab dem dritten Lebensjahr des Kindes Vollzeit arbeiten muss, wird Bayern versuchen, das über eine Bundesratsintiative zu korrigieren." Ihr gehe es dabei um das Kindeswohl, nicht um die betreuenden Frauen.

Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) untersucht schon seit Monaten die Unterhaltsreform auf "Effekte, die nicht beabsichtigt waren." Sie will dabei prüfen, "ob die Umstände des Einzelfalls wirklich ausreichend berücksichtigt werden." Wann die Prüfung beendet ist, ließ das Ministerium offen.

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