Krach ums Kind

SORGERECHT Alleinerziehendenverband: Regierung soll endlich ein Gesetz zur Neuregelung vorlegen

BERLIN taz | Wenn zwei sich streiten, leidet das Kind. Die Vorsitzende des Verbands für alleinerziehende Mütter und Väter (VAMV), Edith Schwab, mahnt die Politik, schnell eine pragmatische Lösung zum Wohle der Kinder zu finden, deren unverheiratete Eltern sich vor Gericht ums Sorgerecht streiten. Und das kann sich hinziehen. „Kinder würden nicht befürworten, was gerade passiert“, meint Schwab.

Derzeit kommt nach Auskunft des VAMV bei gut 9 Prozent aller getrennt lebenden Eltern nicht zum gemeinsamen Sorgerecht, weil sie sich nicht einigen können oder nicht wissen wie sie es beantragen. Doch eine gesetzliche Grundlage fehlt. Denn 2009 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass das bis dato geltende Gesetz, nachdem Väter keine Möglichkeit haben, das Sorgerecht zu bekommen, wenn die Mutter widerspricht, Väter benachteiligt und gegen die Menschenrechtskonventionen verstößt. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2010 eine Übergangsregelung eingeführt. Väter können momentan vom Familiengericht prüfen lassen, ob ein gemeinsames Sorgerecht dem Wohl des Kindes entspräche. Auf ein neues Gesetz konnten sich die Parteien bisher nicht einigen.

Am Freitag debattierte der Bundestag über Vorschläge von Grünen und SPD, allerdings ohne darüber abzustimmen. Die Grünen schlagen vor, dass der Vater das Sorgerecht bekommt, sollte die Mutter seinem Antrag nicht innerhalb von acht Wochen gerichtlich widersprechen. Schweigen wird als Zustimmung gewertet. Das beurteilt nicht nur Schwab kritisch: Die Konsequenzen für Mutter und Kind bei Versäumnis könnten fatal sein.

Die SPD will, dass das Jugendamt beim Familiengericht ohne weitere Aufforderung der Eltern eine Entscheidung beantragt, sollten diese sich nicht einigen können. „Das ist eine Entscheidung über die Köpfe der Eltern hinweg“, widersprach der CSU-Obmann im Rechtsausschuss, Thomas Silberhorn. Freilich haben die Regierungsparteien trotz mehrfacher Ankündigung keinen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt. Schwab sieht das Problem auch darin, dass die Parteien versuchten, unter allen Umständen beide Elternteile zum Zuge kommen zu lassen. Schwab meint aber: „Eine einzige gute Bindungsperson bringt dem Kind mehr als zwei Elternteile, die sich vor Gericht streiten.“

Am Sonntag war das Sorgerecht auch Thema im Koalitionsausschuss. ANNE KOARK