Forderung nach Waffenverbot gescheitert

JUSTIZ Trotz Winnenden: Das Bundesverfassungsgericht lehnt die Klage auf ein völliges Verbot von Sportwaffen ab. Begründung: Gesetzgeber hat Spielraum

FREIBURG taz | Das deutsche Waffengesetz verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Das entschied nun eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts. Der Gesetzgeber habe zwar eine Schutzpflicht für das Leben, verfüge bei deren Umsetzung aber über großen Spielraum.

Geklagt hatte auch der Schriftsteller Roman Grafe. Er hatte nach dem Amoklauf von Winnenden 2009 gemeinsam mit Eltern von Opfern eine Initiative gegründet: „Keine Mordwaffen als Sportwaffen“. Im Aufruf hieß es: „Neun Schüler, drei Lehrerinnen und drei Passanten sind am 11. März 2009 beim Winnender Schulmassaker erschossen worden, mit einer Sportwaffe.“ Daraus folgerte die Initiative: „Wir wollen ein Verbot von Mordwaffen als Sportwaffen – sofort. Solche Waffen dürfen nicht länger verkauft und benutzt werden.“

Ein Jahr später legten Grafe und seine Mitstreiter drei Verfassungsbeschwerden ein. Der Bundestag habe nicht adäquat auf den Amoklauf von Winnenden und viele weitere tödliche Vorfälle mit Sportwaffen reagiert. Das Bundesverfassungsgericht solle die Verletzung des Grundrechts auf Leben und körperliche Unverletztheit rügen und korrigieren.

Die Klagen hatten nun aber keinen Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht erinnerte zwar an die staatliche Schutzpflicht für Leib und Leben. Diese sei aber erst dann verletzt, wenn der Gesetzgeber völlig untätig bleibe oder gänzlich ungeeignete Maßnahmen ergreife. Das aber sei in Deutschland nicht der Fall. So sei der Erwerb von großkalibrigen Sportwaffen erst ab dem 21. Lebensjahr möglich. Waffen müssten sicher aufbewahrt werden und dürften nicht in die Hände von Unbefugten gelangen. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf weitergehende Maßnahmen, etwa ein völliges Verbot von Sportwaffen.

In einer ersten Reaktion kritisierte Grafe die „kaltherzige Entscheidung“. Der nächste Amoklauf mit Sportwaffen werde „mit Billigung des Bundesverfassungsgerichts“ stattfinden. Grafe will jetzt den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anrufen, dort wird er vermutlich aber auch keinen Erfolg haben (Az.: 2 BvR 1645/10). CHRISTIAN RATH

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