Zeigt her eure Hände

EUROPA Ab 2018 werden an den EU-Grenzen die Fingerabdrücke genommen. Ob sie auch der Polizei zugänglich sein werden, ist strittig. Die neue Datenschutzbeauftragte lehnt das ab, lässt aber Spielraum

BERLIN taz | Touristen, Geschäftsreisende, Studenten: Jeder, der in die Europäische Union einreist, soll ab 2018 alle zehn Fingerabdrücke abgeben – so plant es die EU-Kommission. Eine Mehrheit der EU-Staaten hat jetzt erklärt: Sie wollen das 1,1 Milliarden Euro teure Ein- und Ausreiseregister nur, wenn die Daten von Anfang an auch der Polizei zur Verfügung gestellt werden. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Ulla Jelkpe hervor.

Die meisten Mitgliedstaaten hätten „Zweifel am Kosten-Nutzen-Verhältnis“, wenn das Entry-Exit-System (EES) „nicht auch zur Verhütung und Verfolgung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten genutzt werden könne“, heißt es in der Antwort von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Seine eigene Meinungsbildung in dieser Frage sei „noch nicht abgeschlossen“.

Mit den biometrischen Daten will Brüssel unter anderem die Kontrollen an den 1.800 EU-Grenzübergängen automatisieren. Grenzkontrolleure, die Pässe abstempeln, werden überflüssig.

Die neue Bundesbeauftragte für Datenschutz, Andrea Voßhoff (CDU), steht der Schaffung des biometrischen Ein- und Ausreiseregisters „grundsätzlich kritisch gegenüber“, sagt sie der taz. „Das EES wäre eine Datei von unverdächtigen Reisenden aus Drittstaaten. Ein allgemeiner Zugriff darauf für polizeiliche Zwecke ist abzulehnen.“

Anders als ihr Vorgänger Peter Schaar legt sich Voßhoff jedoch nicht fest: „Eine Erweiterung des Zwecks der Datei“ – also die Nutzung zur Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung – könne „diskutiert werden, wenn die Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit des EES überzeugend begründet worden sind“. Schaar hatte das System abgelehnt.

Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke warnt vor den „bürgerrechtlichen Kosten“ des EES: „Reisende in die EU werden unter einen pauschalen Generalverdacht gestellt“, sagt sie. Die Bundesregierung spreche von Verhältnismäßigkeit, „als ginge es darum, bei hohen Kosten für die Schaffung neuer Datenbanken möglichst vielen Behörden einen Zugriff auf diese Daten zu verschaffen.“

Dass schon die milliardenteure Datensammlung an sich „vollkommen unverhältnismäßig“ sei, spiele für de Maizière offensichtlich keine Rolle. CHRISTIAN JAKOB