Feilschen um die Ausnahmen

MINDESTLOHN Ein Gesetzentwurf soll noch vor Ostern kommen. Verbände fordern Ausnahmen für junge Leute und schwer vermittelbare Jobeinsteiger

BERLIN taz | Die meisten Bundesbürger wollen den Mindestlohn von 8,50 Euro. Doch in der Frage, welche Ausnahmen gelten sollten, gehen die Meinungen auseinander. Das Bundesarbeitsministerium hat an die Branchenverbände und Gewerkschaften jetzt Fragebögen verschickt, um bis zum 7. März die Wünsche nach „flexiblen Anpassungen“ zu sammeln und die „konkreten Probleme“ bei der Umsetzung zu eruieren.

Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums sagte der taz, noch vor Ostern solle ein Gesetzentwurf dem Bundeskabinett vorgelegt werden. Derzeit laufe der „Dialogprozess“. Ab dem Jahr 2015 soll überall dort der Mindestlohn von 8,50 Euro brutto gelten, wo es keine anderslautenden Tarifverträge gibt. Ab dem Jahr 2017 ist die Lohnuntergrenze für alle Branchen verbindlich festgeschrieben.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat bisher erklärt, lediglich Auszubildende und Praktikanten während einer Ausbildung vom Mindestlohn auszunehmen. Ähnlich äußert sich Christoph Schmitz, Sprecher von Ver.di. Die Gewerkschaft sehe „keine Notwendigkeit für branchenbezogene Ausnahmen und Ausnahmen für bestimmte Personengruppen“. Gerechtfertigt seien Ausnahmen nur für Auszubildende und Teilnehmer eines Pflichtpraktikums, so Schmitz zur taz.

Auch die Arbeitnehmergruppe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion warnt in einem Positionspapier grundsätzlich davor, Ausnahmen zuzulassen, etwa für Rentner, StudentInnen und MinijobberInnen. Solche Ausnahmen seien „ein riskantes Manöver“, und auch verfassungsrechtlich problematisch.

Die Arbeitnehmergruppe der Union befürwortet allerdings, die Mindestlohnvorschrift für Menschen bis zum 21. Lebensjahr auszusetzen. Sonst könnten „Fehlanreize“ für junge Leute entstehen, lieber zum Mindestlohn zu jobben, als eine niedriger bezahlte Ausbildung zu machen. Eine ähnliche Meinung vertritt Hans-Peter Wollseifer, Präsident des Deutschen Handwerks (ZDH). Er bezeichnete einen Mindestlohn für Leute unter 25 Jahren als „giftigen Köder“. In Großbritannien etwa gibt es unterschiedliche Mindestlöhne für jüngere Menschen.

Die Arbeitnehmergruppe der Union warnt zudem davor, dass ein Mindestlohn die Perspektiven für Personen mit „einfachen oder gar keinen Qualifikationen oder mit besonderen Einstellungshemmnissen“ verschlechtern könnte. Hier müsste die Einführung des Mindestlohns mit „arbeitsmarktpolitischen Instrumenten“ verschränkt werden. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) fordert auch „Differenzierungen“ für „Personengruppen, die besonders schwer in Arbeit zu vermitteln sind“.

BARBARA DRIBBUSCH