LESERINNENBRIEFE
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Demütigendes Zurückweichen

■ betr.: „Eine Bankrotterklärung des Westens“, taz vom 21. 7. 14

Unglaublich! Unsere Nachbarn, Freunde und Verbündete wurden in der Ukraine von einer verbrecherischen Gruppe von Menschen aus dem Leben gerissen. Sie wurden sogar tot noch bestohlen und unwürdig behandelt. Der Kommentar von Dominic Johnson hat mir dabei aus dem Herzen gesprochen. Wenn Familie und Freunde von Verbrechern angegriffen werden, hoffe ich, dass ich genug Mut finde, um ihnen mit all meiner Kraft zu helfen.

Ich sehe hier auch einen Nato-Bündnisfall und er hätte im Rahmen einer begrenzten Aktion um das abgestürzte Flugzeug herum auch zeigen können, dass wir als Westen nicht nur eine Zunge, sondern auch Zähne haben. Niemand hätte gewagt, einer Militär/Polizeiaktion von gemischten Kräften der Niederlande, Franzosen, Engländer und – ja, auch der Deutschen in die Quere zu kommen, oder meint einer der „Kriegstreiber-Rufer“, dass Russland sich für die Verbrecher in der Ukraine mit der Nato anlegt?

Überall auf der Welt sterben unschuldige Menschen – es wäre mal schön, wenn wir wenigsten unseren Nächsten helfen würden, und wie heißt es im Notwehrrecht auch: „Ein demütigendes Zurückweichen ist der Angegriffenen grundsätzlich nicht zuzumuten.“ ANDREAS ARNHOLD, Hannover

Hitler in Haifa

■ betr.: „Kriegsgegner im Abseits“, taz vom 24. 7. 14

Darf man ein Land als „einzige Demokratie im Nahen Osten“ bezeichnen, das sich einen Rechtsextremisten wie Avigdor Lieberman als Außenminister leistet und Großdemonstrationen toleriert und schützt, in denen zum Töten und Vergasen ganzer Bevölkerungsgruppen aufgerufen wird? Wenn Hitler irgendwo vor der Tür steht, dann in Haifa!

Leider gibt es auch bei uns eine durchgeknallte Minderheit, hier schreien sie bei Protesten gegen Israels Gewaltpolitik antijüdische Parolen und werden sogar handgreiflich: Das ist abscheulich und rigoros zu unterbinden. Aber genau diese Auswüchse werden von manchen bedingungslosen Israel-Freunden genüsslich herausgepickt, um damit allgemein Antikriegskundgebungen als „antisemitisch“ zu diffamieren und so jede Kritik an Israel zu diskreditieren. Denn: Was könnte es Ärgerlicheres für die Israel-Lobby geben als eine Kundgebung sympathischer Menschen, die gegen die andauernden Massaker im Gazastreifen friedlich demonstrieren?

Anders ausgedrückt: Der judenfeindliche Pöbel, der sich unter die Friedensdemos mischt, schadet am meisten dem eigentlichen Anliegen, fungiert aber als „nützliche Idioten“ für die Gegenseite.

Unabdingbare Voraussetzung für dauerhaften Frieden im Nahen Osten ist ein menschenwürdiges Leben für die Palästinenser und damit der Zugang zu lebensnotwendigen Gütern, denn die bittere Not ist der Nährboden für den Hass und die daraus resultierende Gewalt. THILO CLAVIN, Lüneburg

Zuhälter und Hure

■ betr.: „100.000 Einwände gegen TTIP“, taz vom 22. 7. 14

So wie liebende Eltern ihre Tochter vor honigzüngigen Loverboys bewahren möchten, so sollten die EU-Macher ihr „Baby“ gleichfalls vor Missbrauch schützen wollen. Denn eine Beziehung zwischen Hure und Zuhälter ist alles, nur nicht partnerschaftlich, geschweige denn zum beiderseitigen Vorteil. Die EU-Entscheider sollten sich also fragen, welches Selbstverständnis die USA durch das TTIP zum Ausdruck bringen und welche Rolle sie wohl für die EU-Konsumenten am Ende vorgesehen haben. JÖRG BRÖKING, Witten

Naziverbot ist Symbolpolitik

■ betr.: „Neonazi-Netzwerk verboten“, taz vom 24. 7. 14

Verbote neonazistischer Netzwerke wie im Falle des Freien Netzes Süd sind Symbolpolitik. Die Politik signalisiert: „Wir tun was.“ Die Geschichte der Verbote neonazistischer Strukturen der zurückliegenden 25 Jahre ist die Geschichte von Wirkungslosigkeit. Sicher, der eine oder andere Kamerad mag sich nach einem Verbot ins Private verabschieden. Der Kern der soeben verbotenen Struktur jedoch arbeitet als Netzwerk, als Gesinnungskameradschaft weiter. Verbote neonazistischer Organisationen sind mithin ein Placebo der Politik für die Öffentlichkeit. DAVID BEGRICH, Magdeburg

Das passt überhaupt nicht zur taz

■ betr.: Ein neues Haus für die taz

Ich hoffe nicht, dass die taz den Entwurf von E2A baut. Warum? Weil es Allerweltsarchitektur ist und überhaupt nicht zur taz passt. Derartige Gebäude – viel Glas und strukturierte Fassaden – gibt es überall. Und was es auch überall gibt, ist der Versuch, Beliebigkeit durch hergeholte Begrifflichkeiten positiv aufzuladen. Das gelingt schlecht, behaupten die Architekten doch, die Fassade wäre wie ein Netz. Ich sehe in der Fassade ein Gitter – ein Gitter, welches das Gebäude von der Außenwelt abschirmt und das Innenleben einsperrt.

Das passt zur taz nun gar nicht. Und was ebenso wenig passt, ist die Anmutung eines Bürogebäudes. Wollt ihr kein Pressehaus, kein Verlagshaus bauen? Der 1. Preis wurde an ein typisch postmodernes Gebäude verliehen. Seine Funktion ist nicht an der Architektur erkennbar. Da muss schon taz dran stehen, damit man es als taz-Haus erkennt. Daher: Den Entwurf dringend überdenken!

MICHAEL DROSS, München