Zuckerbrot und Peitsche für Asylsuchende

ASYLRECHT Regierung beschließt ein neues Bleiberecht, das Zehntausenden „Geduldeten“ zugutekommt. Zugleich will sie heute im Bundestag neue Regeln für schnellere Abschiebungen verabschieden lassen

BERLIN taz | Die Bundesregierung hat umfangreiche Änderungen im Aufenthaltsgesetz in die Wege geleitet, die an diesem Donnerstag im Bundestag verabschiedet werden sollen. Flüchtlinge, die bislang nur geduldet sind, aber als „gut integriert“ gelten, sollen leichter in Deutschland bleiben können. Straffällig gewordene Ausländer, aber auch andere Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung sollen dagegen einfacher abgeschoben werden können. „Das Gesetz hat eine einladende und eine abweisende Botschaft“, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) zu dem Entwurf, den das Kabinett am Mittwoch beschlossen hat.

Mehr als 100.000 „Geduldete“ leben derzeit in Deutschland – Menschen, deren Asylantrag keinen Erfolg hatte, die aus verschiedenen Gründen aber nicht abgeschoben werden. Ein Bleiberecht bekommen sollen sie nun, wenn sie gut Deutsch sprechen und für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen können. Erwachsene müssen sich seit mindestens acht Jahren in Deutschland aufhalten – oder seit sechs Jahren, wenn sie minderjährige Kinder haben. Für Jugendliche wird die Frist auf vier Jahre herabgesetzt. Mehrere Zehntausend Menschen könnten nach Schätzungen der Regierung von der Regelung profitieren.

Dafür ist eine grundsätzliche Neuordnung des Ausweisungsrechts geplant, außerdem erhalten die Behörden mehr Möglichkeiten, Einreise- und Aufenthaltsverbote zu verhängen. Die Regierung beklagt hier einen „Vollzugsstau“. Derzeit gebe es fast 40.000 Personen ohne Aufenthaltsrecht. Um Abschiebungen zu erleichtern, will die Regierung einen neuen „Ausreisegewahrsam“ einführen. Wenn ein Betroffener im Verdacht steht, sich seiner Abschiebung entziehen zu wollen, soll er in Zukunft für maximal vier Tage in Gewahrsam genommen werden können – möglichst direkt im Transitbereich eines Flughafens. Auch soll in Abschiebehaft landen können, wer seine Identität verschleiert oder „erhebliche Geldbeträge“ an einen Schleuser gezahlt hat, um nach Deutschland zu gelangen.

Die Linkspartei klagt, angesichts dieser Maßnahmen fielen die Verbesserungen am Bleiberecht kaum ins Gewicht. Grünen-Chefin Simone Peter wettert, das Ganze sei ein „Entrechtungsprogramm“, ihr Parteifreund Volker Beck nennt es eine „Zuckerbrot-und-Peitschen-Politik“. Auch die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl übt scharfe Kritik. Eine Zustimmung des Bundesrates ist nach Meinung der Regierung diesmal nicht nötig. DANIEL BAX