Bayer unterstützt kritischen Journalismus

TRANSPARENZ Der Pharmariese richtet eine Stiftungsprofessur für investigativen Journalismus ein – ausgerechnet an der Hochschule, mit der das Unternehmen selbst Geheimverträge unterhält

BERLIN taz | Jahrelang schwelte der Rechtsstreit zwischen der Universität Köln und einem lokalen Transparenzbündnis. Die „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ wollte wissen, was genau in einem Kooperationsvertrag der Hochschule mit der Bayer Pharma AG steht. Konzern und Uni mauerten, das Bündnis klagte. Vor zwei Jahren entschied das Verwaltungsgericht Köln: Der Vertrag darf geheim bleiben. Akte geschlossen.

Doch nun erhalten die Kölner Transparenzfreunde unerwartete Rückendeckung, und zwar ausgerechnet vom Bayer-Konzern. Das Pharmaunternehmen verkündete gestern in einer Pressemitteilung, an der Universität Köln die „Bayer-Stiftungsprofessur für investigativen Journalismus“ einrichten zu wollen. Fünf Jahre lang werde der Konzern die Humanwissenschaftliche Fakultät mit jährlich 150.000 Euro unterstützen. Damit soll ein Institut für investigativen Journalismus eingerichtet werden. Nach Ablauf der Förderung übernimmt die Hochschule die Kosten. Ab dem Wintersemester 2014/2015 sollen die ersten Kurse angeboten werden.

„Wir freuen uns, mit dieser Entscheidung unser klares Bekenntnis zu Transparenz in der privaten Hochschulfinanzierung zu untermauern“, sagt Bayer-Vorstand Werner Baumann, der im Konzern die Bereiche Strategie und Portfoliomanagement leitet. Aufgrund der öffentlichen Debatte um steigende Drittmittel und den Einfluss der Wirtschaft auf universitäre Forschung und Lehre habe der Vorstand Handlungsbedarf gesehen, um „das Image des Konzerns und der deutschen Wirtschaft“ zu wahren, so Baumann. Die Universität Köln habe sich als Partner für diese Initiative „geradezu aufgedrängt“.

Nichts zu verbergen

Axel Freimuth, Rektor der Universität Köln, bezeichnete die Stiftungsprofessur als „fehlendes Beweisstück für die durchweg lautere Kooperation“ zwischen den langjährigen Partnern. „Wer jetzt noch glaubt, wir hätten da irgendetwas zu verbergen, soll seinen gesunden Menschenverstand einschalten“, sagte Freimuth der taz. Über die Details des Stiftervertrages wollte er aber nur so viel verraten: „Natürlich werden Rechercheergebnisse im Rahmen der neuen Professur mit dem Unternehmen Bayer abgestimmt.“

Der Bayer-Vorstand räumt auf Nachfrage ein, sich im Vorfeld mit der Kölner Hochschulleitung über „haarige“ Vertragsdetails geeinigt zu haben, etwa bei möglichen Recherchen zum umstrittenen Geheimvertrag.

Einblick in den Stiftervertrag könne man allerdings leider nicht gewähren. Philipp Mimke, Vorstand der Coordination gegen Bayer-Gefahren, warnte vor einer Inszenierung, insbesondere in den Medien: „Sollten alle investigativen Forscher und Journalisten ihre Ergebnisse bei Bayer vor Veröffentlichung vorlegen müssen, wäre das das Gegenteil von Transparenz.“ Vielleicht veröffentliche der neue Professor ja den Vertrag.

Bewerbungen für die W2-Professur „Investigativer Journalismus“ an der Universität Köln werden unter karrier@bayer.de entgegengenommen. Voraussetzung: Habilitation in einem der drei Bereiche: Medienethik, Journalismus, Öffentlichkeitsarbeit. Eine vorherige Beschäftigung bei Bayer oder einem Tochterunternehmen ist ausdrücklich erwünscht. RALF PAULI