Politisches Asyl für Tatjana Festerling

PEGIDA Die ehemalige Hamburger AfD-Aktivistin kandidiert zur Oberbürgermeisterwahl in Dresden. Sie sieht sich selbst nicht als Rechte. Aber ihr gehen „unverschämte Minderheiten aus islamischen Ländern“ auf den Geist

Festerling hat harte Konkurrenz: von der Dragqueen Lara Liqueur von „Die Partei“

Aus DresDen Michael BARTSCH
UND Andreas SPEIT

Niemand soll behaupten, der Osten der Republik böte politischen Flüchtlingen nicht bereitwillig eine Zuflucht. Pegida betätigt sich sogar als Jobvermittler.

Ostermontag in Dresden verkündete Pegida-Führer Lutz Bachmann, was seit einer Chemnitzer Demo vor Wochen schon durchgesickert war: Die frühere Hamburger AfD-Aktivistin Tatjana Festerling wird für das Oberbürgermeisteramt in Dresden kandidieren. Die Wahl selbst findet am 7. Juni statt. Seit Bekanntwerden dieser Absicht habe es Tausende positiver Zuschriften gegeben, sagte Bachmann.

Auf dem Dresdner Altmarkt verebbte der Akklamationsbeifall jedoch auffallend schnell. Die zahlreich angereisten „Gidisten“ aus dem Ruhrgebiet, aus Ingolstadt oder aus Kassel interessiert vermutlich weniger, wer an der Spitze des Rathauses in der sächsischen Landeshauptstadt steht. Bei den nicht minder zahlreichen Anhängern der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft in Sachsen dürfte indessen allein schon der Vorname Tatjana die Herzen höher schlagen lassen. Auch wenn sie dann am 7. Juni tatsächlich an die Wahlurne gehen müssten. Aber es winkt ja eine „historische Chance“, von der sowohl Bachmann als auch die Kandidatin sprechen. Man kann nur spekulieren, wie das gemeint ist. Denn Tatjana Festerling ist auf Jobsuche, seit ihr in Bielefeld gekündigt wurde.

Dem ging ein Eklat um ihre Teilnahme an der Kölner Demonstration „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) am 26.Oktober des vergangenen Jahres voraus. Bei den Krawallen wurden 44 Polizisten verletzt. Festerling fand das ganz normal und war stolz darauf, „zum ersten Mal in meinem Leben fast 500 Kilometer zu einer Demo gefahren zu sein“. Wer die „Schnauze von linksgrüner Moral und Bevormundung voll“ habe, solle den „Hintern bewegen“, erklärte sie.

Daraufhin krachte es auch im Verhältnis zu der von ihr mitgegründeten Hamburger AfD, die wegen der Bürgerschaftswahl in diesem Februar um moderate Töne bemüht war. Hier agierte sie immerhin als stellvertretende Marketing-Verantwortliche und wurde als Bezirkskandidatin aufgestellt. Einem Ausschlussverfahren kam sie zuvor und wandte sich am 22. Februar auch ganz öffentlich dem Pegida-Verein zu.

„Niemals hatte ich mit Nazis und Rechtsextremen zu tun“, behauptet Festerling im Onlineportal Weltwoche. Die Mutter zweier erwachsener Kinder betont ihre internationalen Freundschaften und ihre uneingeschränkte Solidarität mit Israel. Stolz erwähnt sie ihre volkssportlichen Marathon-Erfolge und ihre Yoga-Ausbildung. Das arme Opfer, das ganz unbefangen nach Köln zu einer Demo gegen „Kopfabschneider und Frauenverstümmler“ gefahren war, hört sich live in Dresden etwas weniger harmlos an. Am Ostermontag sprach sie zum vierten Mal auf einer Pegida-Demo, nachdem sie dank neu gewonnener Freizeit zu mehreren einschlägigen „-gida“-Demos in der Bundesrepublik tourte.

Da redet sie sich schon mal in Rage gegen die „unverschämten Minderheiten aus islamischen Ländern, die uns mit ihrem Koran und den Sonderrechten auf den Geist gehen“. Auch die „verkrachten Gender-Tanten mit ihrem überzogenen Sexualscheiß“ bekommen etwas ab. Ihr politisches Feindbild reicht vom „großen politischen Volksbetrug“ AfD bis zur Antifa, die sich allesamt gegen das deutsche Volk verschworen haben. Und zwischen der linken Gutmenschen-Republik im Westen und einem unabhängigen Staat im Osten möchte sie am liebsten eine neue „hohe Mauer“ errichten.

Beste Voraussetzungen also, in Dresden Oberbürgermeisterin zu werden. Wäre da nicht die ernst zu nehmende Konkurrentin Lara Liqueur, nominiert von „Die Partei“. Die Dragqueen rechnet nämlich zur OB-Wahl selbst schon fest mit einem Ergebnis von „100 + x Prozent“.