Rumänische Kirche gegen "Satanische Verse": Klerikale Verschwörung

Die rumänisch-orthodoxe Kirche verurteilt die Übersetzung der "Satanischen Verse" von Salman Rushdie. Und nennt sie Gotteslästerung.

Protest gegen Rushdie. Hier in Pakistan im Juni 2007. Bild: reuters

Die "Satanischen Verse" von Salman Rushdie sorgen in Rumänien für Aufregung. In einem kurzen Kommuniqué verurteilte das Patriarchat der rumänisch-orthodoxen Kirche die Veröffentlichung des kürzlich in rumänischer Übersetzung erschienenen Romans als ein Werk, das "die geistlichen Werte und religiösen Symbole" verunglimpft. Das Kommuniqué, das sich ausdrücklich mit der Glaubensgemeinschaft der Muslime solidarisiert, beruft sich dabei auf ein vor zwei Jahren in Rumänien verabschiedetes Gesetz, das "jegliche Handlungen religiöser Verunglimpfung und die öffentliche Beleidigung religiöser Symbole" unter Strafe stellt.

Gleichzeitig protestierte die iranische Botschaft gegen die Publikation des Buchs, das im renommierten Polirom-Verlag in Jasi in einer Auflage von 5.000 Exemplaren gedruckt wurde. Der Mufti der rumänischen islamischen Glaubensgemeinschaft schloss sich den Protesten an und dankte der rumänisch-orthodoxen Kirche. Er appellierte an den Gemeinschaftsgeist aller Gottgläubigen, unabhängig davon ob es sich um Christen, Juden oder Muslime handelt, keinerlei Lästerungen zu dulden.

Rushdies Roman "Die satanischen Verse" erregte gleich nach seinem Erscheinen im Jahr 1988 den Zorn der islamischen Fundamentalisten. Iranische Fundamentalisten verhängten die Fatwa, das heißt die Todesstrafe gegen den Autor. Der damalige iranische Staats- und Fundamentalistenführer Ajatollah Chomeini rief 1989 alle Muslime auf, den Schriftsteller zu töten, und zudem wurde auf Rushdie ein Kopfgeld von 3 Millionen Dollar ausgesetzt. Zwei Jahre später wurde die Summe verdoppelt. Rushdie musste lange Jahre ganz untertauchen und kann immer noch kein normales Leben ohne Polizeischutz führen.

Das Verhalten der rumänisch-orthodoxen Kirche kam nicht überraschend. Seit der Wende von 1989 versucht sie sich als spirituelle Macht in Rumänien zu etablieren und ihre religiöse Vorherrschaft auszubauen. Dabei beruft sie sich auf die Popularität und das Vertrauen innerhalb der mehrheitlich orthodoxen Bevölkerung. Gleichzeitig erhebt die Kirche, die in kommunistischer Zeit durch ihre Staatstreue in Misskredit geraten war, den Anspruch, als einzige Institution die nationalen Traditionen und Werte ihren Zwecken entsprechend verwalten zu dürfen.

Die vereinzelten Proteste gegen die schleichende Klerikalisierung der rumänischen Gesellschaft finden in der Öffentlichkeit nur einen schwachen Widerhall. Die 2004 gegründete Bürgerrechtsgruppe "Solidarität für Gewissensfreiheit" organisierte einige spektakuläre Aktionen, um auf die Einführung des Religionsunterrichts als Pflichtfach aufmerksam zu machen, das Aufhängen von Kruzifixen in Klassenräumen zu verhindern und gegen die Vernichtung einer Bukarester Parkanlage zu protestieren, die der größten orthodoxen Kathedrale Südosteuropas weichen soll.

Aber die Bürgerrechtsgruppe, die sich für die Respektierung der Menschenrechte, der Gewissensfreiheit und für eine effektive Trennung von Kirche und Staat engagiert, ist in Rumänien unpopulär. Fundamentalistischen Organisationen entfachten Kampagnen gegen sie, die insgeheim von der orthodoxen Kirche und einigen einflussreichen Zeitungen unterstützt wird.

WILLIAM TOTOK

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