Digitalisierte Schätze

Im Rahmen des Projekts DigiCult werden in Schleswig-Holstein Museumsbestände digital erfasst und auf der Website www.museen-sh.de zugänglich gemacht. Geplant ist, das Projekt auszuweiten – und einem nationalen Kulturportal zuzuarbeiten

Damenfrisur um 1970. Es sind die „tief ins Gesicht fallenden Stirnpartien“ und die „seitlich im Nacken nach außen geformte und gebürstete Haarlängen“, die das Eckernförder Frisör-Museum auf diesem Bild bemerkenswert findet. Aber nicht nur das: „Die Bluse deutet an, dass das Foto anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft um 1970 gemacht wurde“, schreiben die Eckernförder weiter, um dann zu enden mit: „Das Bild ist das Gegenstück zum Foto der Herrenfrisur ‚BB34‘“.

Nun ist die Bezeichnung „Herrenfrisur ‚BB34‘“ leider kein schräger Frisur-Code, sondern die Inventarnummer eines Fotos. Weil nämlich das Foto von der Damenfrisur mit der Fußball-Bluse die Inventarnummer BB35 trägt.

Zu sehen sind Damen- und Herrenfrisur auf der Website www.museen-sh.de. Dort gibt es in einer Datenbank über 17.000 Bilder, die die Bestände von vornehmlich Schleswig-Holsteinischen Museen zeigen. Die Datenbank ist frei verfügbar und enthält umfangreiche Bildinformationen zu den Fotos von Kunstwerken, Postkarten, Werkzeugen, Skulpturen, allem, was in den beteiligten Museen ausgestellt oder in den Sammlungen gelagert wird. Momentan sind 40 Museen aus Schleswig-Holstein vertreten, vom Stormarnschen Dorfmuseum bis zur Kunsthalle zu Kiel. Ferner ist das Altonaer Museum mit dabei und die Veröffentlichung der Bestände von drei weitere Hamburger Museen sollen demnächst folgen.

Vorangetrieben und betreut wird das Internetportal von den Mitarbeitern des Projekts DigiCult, das die Fachhochschule Kiel, die Christian-Albrecht-Universität zu Kiel und der Museumsverband Schleswig-Holstein im Jahr 2003 ins Leben gerufen haben. Anfang der Woche nun gab die schleswig-holsteinische Landesregierung grünes Licht für eine weiter Förderung in Höhe von 515.000 Euro. Das Projekt ist damit für die nächsten drei Jahre gesichert.

Ziel des Projektes ist, in Sachen Inventarisierung einen „Paradigmenwechsel zu schaffen weg von der Karteikarte und hin zu modernen Datenbanken“, sagt Projektmanager Lüdger Landwehr. Es ginge um die langfristige Sicherung des Kulturerbes, und außerdem darum, den großen Vorhaben einer nationalen digitalen Bibliothek und später einer European Digital Library zuzuarbeiten. Was in Schleswig-Holstein begann, soll nach und nach Kreise ziehen: Landwehr hat bereits Kontakt aufgenommen zum Museumsverband in Niedersachsen und aus Hamburger gibt es bereits Teilnehmer und Geld. Letzteres spielt keine unerhebliche Rolle: Das Projekt ist mit viereinhalb Stellen ausgestattet. Die Mitarbeiter helfen den Museen bei der Erfassung ihrer Bestände mit Technik und Beratung – das allerdings nicht kostenlos.

Die Vision ist, dass Dank der Datenbank etwa die Recherche nach einem bestimmten Künstler nicht nur zu Literaturangaben führt, sondern auch gleich Abbildungen der entsprechenden Bilder sowie Angaben zu Entstehungsjahr, Maßen, Technik und Standort mitliefern kann. Davon profitieren würden dann nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Kuratoren, die Ausstellungen zu bestimmten Themenbereichen planen und Kulturtouristen, die bestimmte Werken im Original sehen möchten. Ferner würde vieles zu Tage treten, was landauf landab vorhanden ist. „Es geht auch um‘s Schätze heben“, sagt Landwehr.

Für die Museen bedeutet die Teilnahme am Museumsportal einen erhöhten Arbeitsaufwand, den sie oft nicht ohne zusätzliches Geld stemmen können. Geplant sei, sagt Landwehr, dass etwa die Deutsche Forschungsgemeinschaft mehr Fördermöglichkeiten bekomme, außerdem gebe es EU-Gelder und Töpfe in den Landeshaushalten, um die Digitalisierung voranzubringen.

Ein Pointe des Projekts liegt dann in einem gepflegten „zurück nach vorne“. „In den vergangenen Jahren haben die Museen sich gezwungener Maßen vor allem mit Events und Besucherzahlenoptimierung beschäftigt und darüber ihre Basisarbeit, das Erforschen und Dokumentieren der eigenen Sammlung, vernachlässigt“, sagt Landwehr. „Die bei DigiCult beteiligten Museen fangen an, diese Defizite auszugleichen“. KLAUS IRLER