ZWISCHEN DEN RILLEN
Stadt-Randnotizen

School of Zuversicht liefern gelungene Musikbeiträge zum Gentrifizierungsdiskurs

School of Zuversicht ist ein musikproduzierendes Kollektiv um die Hamburgerin DJ Patex (bürgerlich: Patricia Wedler). In ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung besteht School of Zuversicht neben Wedler aus Elmar Günther (einst Tolerantes Brandenburg), Manuel Schwiers und der bildenden Künstlerin Ruth May. Alles fortgeschrittene Musikhörer zwischen Deephouse und komplexer Rockmusik. Eventuell ist DJ Patex auch aus ihrer Arbeit mit Knarf Rellöm und subkulturellen Praktiken wie Auflegen im Hamburger Golden Pudel Club ein Begriff.

Nun erscheint ihr Debütalbum „Randnotizen from Idiottown“. Und wie bei anderen musikalischen Kollaborationen steuerten neben den Bandmitgliedern eine Reihe Leute klangvoll zur Aufnahme bei: Knarf Rellöm, der Houseproduzent Pascal Fuhlbrügge, der Schweizer Singer-Songwriter Guz, Hans Platzgumer, Maurice Summen (Die Türen) und andere mehr. Das Songmaterial von School of Zuversicht ist über einen längeren Zeitraum gereift. Vor dem Debüt sind bereits Singles veröffentlicht worden und Compilationbeiträge. Bei zahlreichen Auftritten, wie etwa im Vorprogramm der Goldenen Zitronen, schraubte Wedler an ihren Performance-Skills.

Dass sie nun beim Hamburger Label Pingipung untergekommen ist und ihr Debut als Vinylformat erscheint, weckt Sehnsüchte nach gewachsenen unabhängigen Vertriebsstrukturen im schnellen Musikgeschäft. Sehnsüchte nach der im traditionsreichen Format LP mitschwingenden subkulturellen Differenz, wie sie sich dabei durch besondere Klangtiefe und eigenwillige Covergestaltung darstellt. School of Zuversicht durchqueren die Ökonomie dieser Sehnsüchte in ihrem Sound und in dem Text „We play as long as you pay“. Darin verweisen sie auf die kommerzielle Produktförmigkeit von Musik und produzieren gleichzeitig ein Musiker-„we“, welches sich temporär gegenüber einem Konsumenten-„you“ positioniert.

Statt politische Widersprüche zuzuspitzen, reklamieren School of Zuversicht künstlerisch kollektive Sprechweisen in einer Gesellschaft, die dauernd die ökonomische Profilierung von Individuen propagiert. „Randnotizen from idiot town“ spielt auf die kulturelle Praktik Schreiben an, es bleibt bei School of Zuversicht nicht beim reinen Musikmachen. Wobei „Randnotizen“ in etwa so eckig klingt wie „Anmerkungen“ in Rolf Dieter Brinkmanns „Anmerkungen zu meinem Gedicht ,Vanille‘“. Und genau wie Brinkmann in „Chicago“, einem Essay aus collagierten Fotos, entrückte Bilder einer populären amerikanischen Stadt vorführt, hat das Album von School of Zuversicht einen kommentierenden Bezug zur „idiot town“.

Es liegt nahe, „Randnotizen“ als gelungenen musikalischen Beitrag zum gegenwärtig linken Gentrifizierungsdiskurs im Hamburger Gängeviertel zu hören. In ihrer textlichen Eigenartigkeit und ihrem freakigen Groove beansprucht die Musik von School of Zuversicht Zwischenräume einer Stadt, die es real nicht gibt. CHRISTOPHER STRUNZ

■ School of Zuversicht, „Randnotizen from Idiot Town“ (Pingipung/Kompakt/A-Musik)