„David Wants to Fly“

Es gibt viele Möglichkeiten, den Weltfrieden herbeizuführen. Gute Gespräche gelten als ein Königsweg, gemeinsame Interessen dämpfen auch die Kriegslust. Die Anhänger der Transzendentalen Meditation haben einen besonderen Plan: Man müsste nur 10.000 sogenannte „yogische Flieger“ zur Dauermeditation abstellen, deren Mantras würden nicht nur für inneren Frieden in den Gehirnströmen der Yogis sorgen, sondern auch die Aggression in der Welt verschwinden lassen. Für Deutschland lautet die entsprechende Modellrechnung: Für 80 Millionen Streithähne braucht es 1.000 Yogis.

Der Mann, der sich das ausgedacht hat, heißt als Guru Maharishi, zu seinen Anhängern zählt der Filmemacher David Lynch („Inland Empire“). Zu den Anhängern von David Lynch wiederum zählt der junge deutsche Filmemacher David Sieveking, der über seine Reise zu Lynch, zur Transzendentalen Meditation, nach Iowa, Indien und an die Quelle des Ganges einen Film gemacht hat: „David Wants to Fly“ ist unterhaltsam und aufklärerisch, und dabei ist es der Sache gar nicht abträglich, dass der junge Mann vor und hinter der Kamera sich als reiner Tor inszeniert, als Kumpel ohne Arg, dem man ganz schräg kommen muss, damit in seine großen Augen ein Schimmer des Zweifels tritt.

David Sieveking steigt als großer Bewunderer von Lynch in die Sache ein, wird dann für eine Weile so etwas wie der Haus- und Hoffilmemacher der TM-Bewegung (die de facto ein Unternehmen mit dem Hauptzweck des Fundraising ist), und geht schließlich auf Distanz. Im Verlauf dieser Geschichte gerät ihm die Freundin abhanden (die von der ersten Szene an als prominente und schillernde Figur inszeniert wird bzw. sich selbst inszeniert), vor allem aber erwacht in Sieveking der gesunde Menschenverstand: Er lässt seine Hirnströme messen (und stellt dabei fest, dass Mantras in der Landessprache wirksamer sind) und interessiert sich für enorme Geldströme, an deren Ende ein Dorf in Indien stehen soll, in dem die 10.000 yogischen Flieger den Weltfrieden herbeiführen.

Dass dieses Dorf eine Geisterstadt ist, ist eine hübsche Pointe in einem Film, der sich bei all dem Humbug den Anfang aller Philosophie nicht verderben lässt. „David Wants to Fly“ lehrt das Staunen darüber, wie weit der Hunger nach Sinn die Menschen im Westen gehen lässt. Für David Sieveking erweist sich schließlich nicht der Himalaja, sondern der Berliner Teufelsberg als heiliger Ort – die sehr weltliche deutsche Hauptstadt ist also auch noch nicht ganz verloren für ewige Wahrheiten.

BERT REBHANDL

■ „David Wants to Fly“. Regie: David Sieveking. Dokumentarfilm, Deutschland/ Österreich/ Schweiz 2010, 97 Min.