Der Film "Cyrus" über ein eigenartiges Trio: "Schöner Penis"

Ein Film über das emotionale "Gepäck", das man ab einem gewissen Alter mit sich herumschleppt: Eine Frau, ein Mann und ein Riesenbaby haben es schwer im neuen Film "Cyrus".

Molly zwischen Cyrus und John, die eine wunderbare Feindschaft pflegen. Bild: © 2010 Twentieth Century Fox

Menschen auf Partnersuche sprechen mit vieldeutigem Räuspern gerne vom "Gepäck", das jeder Fremde, den man trifft, ab einem gewissen Alter und Erfahrungsschatz so mitbringt. Wenn also eine Frau wie Molly (Marisa Tomei) mit Bierflasche in der Hand, betörendem Augenaufschlag und wunderbarer Schlagfertigkeit einen wie John (John C. Reilly) während einer Party im Garten beim Pinkeln erwischt und zu seinem "schönen Penis" gratuliert.

Wenn sie dann auch noch, obwohl sich dieser John als ziemlicher Jammerlappen zu erkennen gegeben hat, mit ihm ohne großes Geziere ins Bett steigt und wenn sie dann noch am nächsten Tag mit bezirzendem Lächeln zum Abendessen gleich wiederkommt - dann muss sie irgendwo ein wirklich gewaltiges Stück "Gepäck" verborgen haben.

John, der sein Glück nicht fassen kann, braucht nicht lange, um "es" zu finden. Als er, leicht zwanghaft, wie er nun mal ist, das Haus seiner neuen Geliebten auskundschaftet, steht es vor der Tür: in Gestalt des korpulenten Jonah Hill. Hill spielt Cyrus, den 22-jährigen Sohn von Molly. Vom ersten freundlichen Lächeln an, mit dem er John ins Haus bittet, ist klar, dass hier eine wunderbare Feindschaft beginnt.

Die Brüder Jay und Mark Duplass erfinden in ihrem dritten Spielfilm zwar nicht das Ödipus-Drama neu, sie wagen sich aber doch raus aus der Komfortzone der sonst üblichen dramaturgischen Vorgaben. Auch wenn sich John und Cyrus schon bald einen bizarren Streit um die Aufmerksamkeit und die Loyalität von Molly liefern, greift der Film nie zu den Mitteln der Farce, um den Konflikt in Chaos aufzulösen. Auch wenn sich ihre Auseinandersetzung bis zur Prügelei zuspitzt, bleibt die Inszenierung ganz einem bodenständigen psychologischen Realismus verpflichtet, in dem Menschen in Gesprächen miteinander herauszufinden versuchen, was eigentlich Sache ist.

Was einerseits dazu führt, dass man über weite Strecken glatt vergisst, dass es sich hier um eine Komödie handeln soll. Und andererseits aber auch den besonderen Charme des Films ausmacht: John C. Reilly, Marisa Tomei und Jonah Hill dürfen hier einmal das ganze Repertoire an Zwischentönen und Nuancen ausspielen, für das ihnen das Mainstreamkino keinen Platz mehr lässt.

Die attraktive kleine Frau, ihr haariger, sich berechtigterweise mit "Shrek" vergleichender Freund und das erwachsene Riesenbaby ergeben ein eigenartiges Trio, dessen Treiben man mit einer Mischung aus Unwohlsein, Amüsement und Thrill verfolgt. Das Erstaunliche ist, dass man sie alle drei am Ende mit ihren verqueren Intentionen und verborgenen Ängsten ein wenig besser versteht.

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